Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen des Lebens in einer verfertigten Gemeinschaft als Verwirkungsgrund gem. § 1579 Nr. 7 BGB.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1579 Nr. 7
Verfahrensgang
AG Lübeck (Aktenzeichen 120 F 159/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 6.3.2001 verkündete Urteil des AG – FamG – Lübeck (AG Lübeck v. 23.1.2001 – 120 F 159/98) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt seit 23.1.2001.
Nachdem die Parteien sich am 26.12.1997 getrennt hatten, ist deren am 6.12.1991 geschlossene Ehe durch Urteil des AG – FamG – Lübeck vom 23.1.2001 (AG Lübeck v. 23.1.2001 – 120 F 159/98) rechtsräftig geschieden worden. Aus der Ehe ist die gemeinsame, am 25.1.1994 geborene, Tochter Mi hervorgegangen. Mi. lebt seit der Trennung bei der Klägerin, die auch das staatliche Kindergeld bezieht.
Nach der Trennung wandte sich die Klägerin dem Zeugen St., einem früheren gemeinsamen Freund der Parteien, zu. Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. ab wann der Zeuge St. und die Klägerin in einer Weise zusammenleben, dass es sich um eine verfestigte eheähnliche Beziehung handelt.
Der am 15.5.1968 geborene Beklagte hat sich im Einvernehmen mit der Klägerin im Mai 1997 – vor der Trennung – selbstständig gemacht und betreibt einen H-G-Shop (Motorradzubehör). Vorher war er angestellter Abteilungsleiter in einem Photolabor mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 3.000 DM. Nach anfänglichen Verlusten verzeichnet der Betrieb des Beklagten steigende Gewinne, wenn der Gewinn des Jahres 2001 auch um ca. 5.000 DM unter dem des Vorjahres lag.
Die am 16.2.1969 geborene Klägerin hat vor der Trennung trotz der Kindererziehung in demselben Photolabor wie der Beklagte gearbeitet. Von April 2001 bis jedenfalls März 2002 ging sie täglich vier Stunden vormittags einer Teilzeitbeschäftigung als Sekretärin nach.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie einen nachehelichen Unterhalt (ab Rechtskraft der Scheidung) zu zahlen i.H.v. monatlich 832 DM.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hält Unterhaltsansprüche gem. § 1579 Nr. 7 BGB für verwirkt, weil die Klägerin mit dem Zeugen St. in einer eheähnlichen Beziehung lebe.
Das AG hat die Klage abgewiesen, weil Unterhaltsansprüche der Klägerin wegen eines eheähnlichen Zusammenlebens mit dem Zeugen St. gem. § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt seien.
Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie ist der Ansicht, ein Ausschluss des Unterhaltsanspruchs scheide bereits deswegen aus, weil sonst die Belange des Kindes nicht gewahrt würden, und behauptet, der Zeuge St. wohne nicht bei ihr, sondern in einer eigenen Wohnung in K. Er erledige seine Sachen wie Wäsche waschen selbst. Es sei nie so gewesen, dass sie ein Kind von dem Zeugen St. gewollt habe; sie habe nur überhaupt ein zweites Kind haben wollen. Ende 1999 seien der Zeuge St. und sie als Paar zusammengewesen. Sie hätten sich nur gestritten, sie sei noch nicht so weit gewesen, sich neu zu binden. Seit Anfang des Jahres 2000 seien sie nicht mehr als Paar zusammen, sondern nur noch gut befreundet. St. übernachte seit Ende 1999 nicht mehr bei ihr. Soweit sie Wassergeld für drei Personen gezahlt habe, habe sie nicht gewusst, wie sich der Betrag aufgeschlüsselt habe.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten entsprechend dem in erster Instanz zuletzt gestellten Antrag zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage eines Zusammenlebens der Klägerin mit dem Zeugen St. durch Vernehmung der Zeugen St., B., Sch. und Sch.
Der Zeuge St. hat ausgesagt: Er sei kaufmännischer Angestellter und als Schiffsmakler tätig. Er verdiene monatlich netto 2.921 DM und erhalte ein 13. Monatsgehalt. Er habe in einem Anbau an seinem Elternhause in K. eine eigene Wohnung, wo er einen eigenen Hausstand unterhalte. Er erledige seine Sachen selbst, u.a. wasche er seine Wäsche. Er sei etwa zwei- bis dreimal wöchentlich nach der Arbeit bei der Klägerin. Abends gehe er wieder nach Hause. Er übernachte selten bei ihr, wenn dies etwa nach Feiern oder Grillen der Fall sei, schlafe er auf dem Sofa. Die Klägerin und er hätten mal, etwa 1999, versucht, zusammenzuziehen. Sie hätten sich aber getrennt, weil das Zusammenwohnen unter einem Dach mit dem Vater der Klägerin nicht möglich gewesen sei. Er und die Klägerin hätten keine sexuelle Beziehung. Es könne aber sein, dass sie irgendwann mal zusammenzögen. Die Klägerin bekomme sein Auto, wenn sie es brauche. Er brauche es nicht täglich, denn er habe außerdem noch ein Motorrad. Die Klägerin, Mi. und er seien zweimal zusammen bei Familienfeiern bei seinen Eltern gewesen. Wenn Wassergeld für...