Leitsatz (amtlich)

Hat ein Auftragnehmer eine Leistungsposition mit einem geringeren Einheitspreis angeboten, als ihm selbst vom Nachunternehmer angeboten worden ist, so entspricht es dem Grundverständnis von § 2 Abs. 5 VOB/B, diesen kalkulierten Verlust betragsmäßig auf den Preis der geänderten Leistung fortzuschreiben.

 

Normenkette

BGB § 631; VOB/B (2009) § 2 Abs. 5-6

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 24.07.2017; Aktenzeichen 5 O 287/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.07.2017 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert und neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 125.359,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 39 % und die Beklagte 61 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 31 % und der Beklagten zu 69 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweiligen Gegenpartei abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten eine Vergütung für durchgeführte Rodungsarbeiten nach Änderung der vertraglich vereinbarten Leistung geltend.

Die Beklagte ist eine Eigengesellschaft der Stadt P. Sie plante im Jahr 2011 in einem ehemaligen Waldgebiet die Errichtung des Gewerbeparks "G". Im Vorfeld der dafür erforderlichen Erschließungsmaßnahmen wurden in dem ehemaligen Waldgebiet Baumfällarbeiten durchgeführt. Danach waren im Wesentlichen nur noch nachgewachsene Sträucher, Hecken und Büsche sowie die aus dem vorangegangenen Fällen verbliebenen Wurzelstöcke zu beseitigen.

Ende November 2011 schrieb die Beklagte die Erschließungsarbeiten in mehrere Lose unterteilt öffentlich nach der VOB/A aus.

Die Position 03.01.0020 des Leistungsverzeichnisses zum Los 1 sah dabei für 125.000 m2 das Roden/Fräsen der abgeholzten Waldfläche mit folgender Beschreibung vor:

"Fläche von Busch-, Hecken- und Baumbestand sowie sonstigem Aufwuchs und Astwerk bis zu einem Stammdurchmesser von 10 cm - gemessen 1 m über dem Boden - beseitigen und räumen. Das geräumte Material geht in das Eigentum des AN über.

Auf dem Gelände bestehen Wurzelstöcke von Nadel- und Laubbäumen aller Größen mit geringem bis großem Abstand, die zu roden und zu beseitigen sind.

Die Fläche hat unterschiedliche mittlere Neigungen von ca. 3 bis 5 %.

Die Fläche mit einer Wirkungstiefe von 40 cm, gemessen von der ursprünglichen Geländeoberkante bis zur Sohle der Fräsung, durch den Oberboden und den darunter befindlichen Boden so zu fräsen, dass dieser Boden in den geplanten Lärmschutzwall östlich BAB 45 eingebaut werden kann.

Die Arbeiten sind in Abhängigkeit zur Witterung abschnittsweise so durchzuführen, dass die gefrästen Bodenmengen einbaubar bleiben und nicht durch den aufgelockerten Boden eindringendes Regenwasser die Einbauqualität des Bodens gestört oder gänzlich ausgeschlossen wird.

Sollten sich größere Wurzelstöcke oder Teile von größeren Wurzelstöcken beim Fräsen lösen, sind auch diese durch Fräsung zu zerkleinern auch wenn die Frästiefe von 40 cm dann partiell überschritten wird."

Ergänzend sah Position 03.01.0030 für 50 Tonnen Wurzelstöcke unterhalb der Frästiefe vor:

"in Auf- und Abtragsbereichen freilegen, lösen, in Container verladen und abfallrechtlich unbedenklich entsorgen. Abrechnung nach Wiegescheinen"

Zudem wird die Leistung im Hinblick auf 8.000 qm "Abgeholzte Böschungsfläche entlang der BAB-Trasse" in der Position 03.01.0040 wie folgt beschrieben:

"Mit Neigungen von bis zu 1:1,5 von Busch- Hecken- und Baumbestand sowie sonstigem Aufwuchs und Astwerk bis zu einem Stammdurchmesser von 10 cm - gemessen 1 m über dem Boden - beseitigen und räumen. Das geräumte Material geht in das Eigentum des AN über.

In diese Position sind ebenfalls einzurechnen:

  • Auf dem Gelände bestehen Wurzelstöcke von Laubbäumen aller Größen mit geringen bis großem Abstand, die zu roden und zu beseitigen sind.
  • Der Oberboden der Fläche ist in einer Tiefe von ca. 40 cm abzudecken, seitlich zu lagern und später im Lärmschutzwall oder an dessen Böschungen anzudecken.
  • Nachverdichten der Flächen nach Auflockerung durch den Oberbodenabtrag und durch die Terrassierung nach Pos. 03.03.007. Bodenverdichtung der anstehenden Erdbausohle mit einer Wirkungstiefe von ca. 60 cm herstellen."

Am 10.02.2012 erhielt die Klägerin unter anderem den Zuschlag für das Los 1. Auf einer Baustellenbesprechung am 27.02.2012 wurde die Klägerin durch die Beklagte darüber informiert, dass die Baugenehmigungsbehörde in Abweichung zu der erteilten Baugenehmigung die Forderung aufgestellt habe, vor einem Durchfräsen die ersten 10 cm des Mutterbo...

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