Leitsatz (amtlich)
1. Um der dem Empfänger von Baugeld auf Grund der Regelung des § 1 Abs. 4 BauFordSiG obliegenden Darlegungs- und Beweislast zu genügen, ist eine substantiierte Darlegung und Aufschlüsselung dahingehend, welche Zahlungen auf das Bauwerk geleistet worden sind und in welcher Art und Weise empfangenes Baugeld an die jeweiligen Bauhandwerker weitergeleitet worden ist, erforderlich. Dazu ist eine geordnete Zusammenstellung hinsichtlich aller baubezogenen Werk-, Dienst- und Kaufverträge, der hierauf erbrachten baubezogenen Leistungen und geleisteten Zahlungen erforderlich. Die Baugläubiger unter Nennung des ausgeführten Gewerks nur aufzulisten, reicht hierzu nicht.
2. Der Empfänger von Baugeld ist grundsätzlich berechtigt, als eigene Aufwendungen im Sinne des § 1 Abs. 2 BauFordSiG neben Personal-, Baustellen- und Gerätekosten auch Kosten für Verwaltungsgemeinkosten, Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn, Vertriebskosten und Lohngemeinkosten abzusetzen. Hierfür spricht der Wille des Gesetzgebers bei der Änderung des § 1 Abs. 2 BauFordSiG (Gesetzesbegründung zur BT-Drucks. 16/13159, S. 6). Nur die zahlenmäßige Bezifferung dieser Kosten ohne nachvollziehbaren Bezug zu dem Bauvorhaben genügt der Darlegungslast allerdings nicht.
3. Fließt das Baugeld nicht auf ein gesondertes Baugeldkonto, sondern auf ein allgemein genutztes Geschäftskonto, resultiert hieraus eine gesteigerte Kontrollpflicht, Beträge in Höhe des (noch) nicht verbrauchten Baugeldes nicht zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten einzusetzen, sondern für die zweckgerechte Verwendung weiterhin zur Verfügung zu halten. Kommt der Baugeldempfänger dieser Kontrollpflicht nicht nach, nimmt er letztlich die Möglichkeit der zweckwidrigen Verwendung der Baugelder billigend in Kauf.
Normenkette
BauFordSiG § 1; BGB § 823 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 9 O 100/16) |
Tenor
Auf die erweiterte Berufung des Beklagten wird das am 01.12.2016 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Detmold (Az.: 9 O 100/16) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen sowie unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 04.05.2018 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 68.348,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.01.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter der N Bau GmbH & Co. KG gemäß Auszug aus der Insolvenztabelle lfd. Nr. 274 der Tabelle in entsprechender Höhe.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Klägerin zu 28 % und der Beklagte zu 72 %. Die Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Forderung nach dem Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen (BauFordSiG) in Anspruch.
Der Beklagte war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Fa. N GmbH, die ihrerseits Komplementärin der mittlerweile insolventen Firma N Bau GmbH & Co. KG (im Folgenden: N Bau) war. Die N Bau hatte mit der Firma T GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma T) einen Bauvertrag über die Errichtung eines Naheinkaufszentrums (REWE, Aldi, Drogeriemarkt) in I-D geschlossen. Die Fa. T hatte das Bauvorhaben über die Kreissparkasse X finanziert.
Die N Bau beauftragte ihrerseits die Klägerin mit der Erstellung benötigter Stahlbetonfertigteile. Grundlage war ein Vertrag gemäß einer Auftragsbestätigung vom 18.10.2013. Die Gesamtauftragssumme belief sich inklusive dreier Nachträge auf 427.201,19 EUR.
Die N Bau erhielt von der Firma T in Höhe von insgesamt 4.292,116,31 EUR; letztmalig erfolgten zwei Zahlungen am 09.06.2014 in Höhe von insgesamt 342.916,81 EUR.
Die Klägerin erstellte mehrere Abschlagsrechnungen und unter dem 12.06.2014 eine Schlussrechnung über insgesamt 432.804,08 EUR. Die N Bau prüfte die Schlussrechnung und stellte ausweislich des Prüfvermerks vom 23.07.2014 einen fachlich geprüften Rechnungsbetrag von 430.898,15 EUR fest. Unter Berücksichtigung geleisteter Abschlagszahlungen und einer am 25.06.2014 erfolgten Zahlung in Höhe von 53.545,68 EUR errechnete die Klägerin ausgehend von ihrer Schlussrechnung eine Restforderung in Höhe von 95.461,69 EUR, die die N Bau nicht beglich. Gegen die N Bau erging in dem Rechtsstreit LG Detmold, Az. 9 O 14/15, Versäumnisurteil über den entsprechenden Betrag.
Die Klägerin hat behauptet, die von ihr geschuldeten Arbeiten seien vollständig, abnahmefähig und mängelfrei erbracht worden. Die letzten Arbeiten seien am 02.05.2014 beendet gewesen. Bei der von der Fa...