Leitsatz (amtlich)
Eine Aufklärungsrüge ist nicht allein nach dem Inhalt eines vom Patienten unterzeichneten Aufklärungsbogens zu beurteilen. Das Gericht hat vielmehr den Inhalt des persönlichen Aufklärungsgespräches zwischen Arzt und Patient aufzuklären, weil auf der Grundlage des tatsächlich geführten Gespräches und nicht allein anhand des Aufklärungsbogens zu entscheiden ist, ob der Patient vor einem ärztlichen Eingriff ordnungsgemäß aufgeklärt wurde.
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 823, 831
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 04.03.2015; Aktenzeichen 10 O 379/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 04.03.2015 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen angeblicher Behandlungsfehler sowie fehlender wirksamer Einwilligungserklärung wegen Aufklärungsmangels unter näherer Darlegung im Einzelnen auf Ersatz des Verdienstausfalls, Ersatz des Rentenausfalls, Schmerzensgeld (mindestens 50.000,00 EUR) und Schmerzensgeldrente (mindestens 1.000,00 EUR monatlich ab Mai 2013) und Feststellung wegen einer Operation vom 28.10.2010 an ihrem rechten Kniegelenk in der Sportklinik I, deren Träger der Beklagte zu 1) ist, in Anspruch.
Die am 05.02.1948 geborene Klägerin litt unter Bewegungsschmerzen am rechten Knie, die nach ihren Angaben auf altersbedingten Verschleiß zurückzuführen waren. Vom 07.01. bis 10.01.2009 wurde sie stationär im F Krankenhaus C H behandelt. Es wurde eine arthroskopische Innen-Meniskusresektion partiell, eine Resektion der Plica synovalis und eine Chondroplastik am rechten Kniegelenk vorgenommen. Bei einem weiteren stationären Aufenthalt im F Krankenhaus C H vom 16.09. bis 29.09.2009 wurde der Klägerin bei medialer Gonarthrose rechts, Plica infrapatellaris rechts, Innenmeniskushinterhornläsion rechts eine mediale Schlittenprothese im rechten Kniegelenk implantiert. Vom 10.12. bis 16.12.2009 befand sich die Klägerin erneut in stationärer Behandlung im F Krankenhaus C H. Es wurde ein Femoraliskatheter angelegt und eine Schmerztherapie mit einem Naropinperfusor sowie intensive Physiotherapie wegen persistierender Schmerzen am rechten Unterschenkel und Oberschenkel medialseitig und Bewegungseinschränkung durchgeführt. Im Arztbrief vom 18.12.2009 sind als Diagnosen "Neuropathischer Schmerz am rechten Unterschenkel bei Z. n. Impantation einer medialen Schlittenprothese (Oxford-Prothese) bei medialer Gonarthrose rechts" aufgeführt.
Am 12.03.2010 stellte sich die Klägerin erstmals im Haus des Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) wegen persistierender Gonalgie bei Status nach Implantation einer medialen Schlittenprothese rechts vor. Eine Lockerung der Prothese ließ sich anhand der zur Verfügung gestellten Röntgenbilder nicht nachweisen, klinisch auszuschließen war diese jedoch nicht. Zur weiteren Abklärung einer möglichen Frühlockerung der Prothese wurde die Durchführung einer 3-Phasen-Skelettszintigraphie und eine erneute Wiedervorstellung im Sommer empfohlen. Die 3-Phasen-Skelettszintigraphie wurde am 15.04.2010 in der Praxis am C in C H durchgeführt. Am 07.07.2010 stellte sich die Klägerin erneut im Haus des Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) vor, der eine Lockerung der medialen Schlittenprothese rechtes Kniegelenk diagnostizierte und eine Wechseloperation empfahl. Der weitere Inhalt des Gesprächs zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) ist ebenso streitig wie die Frage, ob die Klägerin am 07.07.2010 nach einem Aufklärungsgespräch zum einen den proCompliance-Bogen "Dokumentierte Patientenaufklärung" "Wechsel einer Kniegelenkendoprothese" und zum anderen einen klinikeigenen Bogen, der mit u.a. mit "Implantation einer Hüft-Knie-Totalendoprothese/Austauschoperation" und "Allgemeine und spezielle Risiken/Komplikationsmöglichkeiten" überschrieben ist, unterzeichnete.
Am 27.10.2010 wurde die Klägerin zur Durchführung der Wechseloperation im Haus des Beklagten zu 1) aufgenommen. Die Aufnahmeuntersuchung führte der Beklagte zu 3) durch. Der Inhalt des dabei geführten Gesprächs zwischen dem Beklagten zu 3) und der Klägerin ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig fand am 27.10.2010 zwischen dem Beklagten zu 4) und der Klägerin ein Anästhesieaufklärungsgespräch statt, in dessen Verlauf die Klägerin einen DIOmed-Aufklärungsbogen Narkose/Regionalanästhesie unterzeichnete, in dem unter "Narkose" als vorgesehene Maßnahmen "Larynxmaske" und "Intubationsnarkose" angekreuzt waren.
Am 28.10.2010 führten die Beklagten zu 2) und 3) eine Knieprothesenrevision mit Explantation der medialen Schlittenprothese und Implantation einer modularen Sonderprothese durch. Der Beklagte zu 4) war der zuständige Anästhesi...