Leitsatz (amtlich)
1. Verwendet eine politische Partei in einem Wahlplakat gezielt Identifikationsmerkmale einer Kapitalgesellschaft, die in weiten Kreisen der Bevölkerung mit der Gesellschaft in Verbindung gebracht werden kann, kann sich daraufein Anspruch auf Unterlassung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben.
2. Auch Wahlwerbung genießt den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Greift sie jedoch in Rechtsgüter Dritter ein, kann die Abwägung zur Rechtswidrigkeit der Rechtsverletzung führen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 6 O 320/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Dortmund teilweise abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet:
Die Beklagte zu 3. hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, Werbematerial zur Kommunalwahl 2014 in X zu verbreiten, wie es dem als Anlage beigefügten Wahlplakatsentwurf entspricht.
Im Übrigen bleibt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 3. zu 1/3.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2.
Die Beklagte zu 3. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung eines Wahlplakats für die Kommunalwahl in X geltend.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist gem. § 2 Ziff. 1 ihrer Satzung die Fortführung und die Weiterentwicklung des bisherigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes des M, insbesondere das Betreiben des Fußballsports einschließlich des Profifußballs unter der Bezeichnung M oder hieraus abgeleiteter Kürzel (z.B. M) und die Verwertung bzw. Nutzung aller zur Verfügung stehenden gegenwärtigen und künftigen Rechte.
Die Beklagten sind die verschiedenen Untergliederungen der Partei K: Die Beklagte zu 1) ist der Bundesverband, die Beklagte zu 2) ist der Landesverband NRW und die Beklagte zu 3) ist der Kreisverband X.
Die Beklagte zu 3) beabsichtigt, für die im Mai 2014 stattfindende Wahl für den Stadtrat in X das in Rede stehende Wahlplakat zu verwenden, das schon jetzt auf der Internetseite www.Y.org, die als Werbemittel für die Beklagten dient, abgebildet ist (Anlage ASt 9). Auf diesem Wahlplakat ist der Kandidat der Beklagten zu 3) für die Stadtratswahl in X D abgebildet mit dem Slogan "Von der Südtribüne in den Stadtrat!" auf einem schwarz-gelben Querbalken. Darunter befindet sich ohne besondere farbliche Unterlegung der weitere Text "Kommunalwahl 2014, Eure Stimme für unseren Kandidaten: D" und abschließend der Schriftzug der Partei K. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die diesem Urteil beigefügte Anlage verwiesen.
Mit dem Begriff "Südtribüne" verbindet - zumindest in X - jeder objektive, am Fußball interessierte Empfänger die Fankurve des Fußballstadions der Klägerin, des X-Parks. Die Vereinsfarben des M (im Folgenden: M) - schwarz-gelb - führt die Klägerin nach § 2 Ziff. 2 ihrer Satzung fort. Das gesamte Gestaltungssystem der Klägerin beruht auf der schwarz-gelben Farbgebung, sie prägt das Erscheinungsbild der Klägerin in der Öffentlichkeit. Dies gilt u.a. für den Internetauftritt der Klägerin, zahlreiche Fanartikel und die Sportbekleidung der Lizenzspielermannschaft. Zum Gestaltungssystem gehört auch der Querbalken in schwarz-gelber Farbgebung. Zur Veranschaulichung wird auf die Anlagen ASt 1 bis 3 zur Antragsschrift ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hält die Verwendung des Begriffs "Südtribüne" in Verbindung mit der Unterlegung mit einem schwarz-gelben Querbalken für eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts sowie ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, weil ihre Persönlichkeitsmerkmale unter Ausbeutung ihres schützenswerten Besitzstandes als Gewerbebetrieb von Seiten der Partei K für eigene Zwecke genutzt und ihr dadurch Schaden zugefügt werde. In § 2 Ziff. 1 der Satzung des M sei ausdrücklich die politische Neutralität festgeschrieben worden. Dies sei für ihren wirtschaftlichen Erfolg wesentlich, da sie mit Sponsoren und Fans aus allen politischen Richtungen und auch solchen, die selbst keiner politischen Richtung angehören, Geschäftsbeziehungen pflegen wolle, auf die sie aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen sei. Diese politische Neutralität werde durch das Wahlplakat beeinträchtigt, weil sie hierdurch in die politische Nähe der Beklagten gerückt werde. Hierdurch bestehe die begründete Besorgnis, dass Personen und Unternehmen, welche das Wahlplakat zu Gesicht bekommen, eine Beziehung zwischen ihr und den Beklagten verm...