Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 199/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 6. März 2020 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Az.: 2 O 199/19 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter des Beklagten zu vollziehen ist, im Rahmen ihres Wahlkampfes zu unterlassen,
mit einem Zitat des Polizeipräsidenten so zu werben, dass der Eindruck entsteht, der Polizeipräsident würde der Beklagten nahestehen, wenn dies wie nachfolgend geschieht:
Von der Darstellung des Bildes wird aus Datenschutzgründen abgesehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte - Kreisverband X der ... P. (nachfolgend: P.) - hängte im Wahlkampf zur Wahl zum 9. Europäischen Parlament vom 26. Mai 2019 an mindestens vier Stellen in X einen Wahlkampfflyer (Anlage K 1) auf. Darin wurde eine Äußerung des Klägers zu 2), die dieser in seiner Eigenschaft als Polizeipräsident tatsächlich gemacht hatte, in Zitatform ohne dessen Einverständnis wiedergegeben. Teile des Zitats waren unterstrichen. Versehen war der Wahlkampfflyer mit einem blauen, runden Aufdruck "WIR sind Deine Stimme! P.".
Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte habe mit dem Wahlkampfflyer den Eindruck erweckt, der Polizeipräsident stehe der P. nahe. Mit Schreiben vom 12. Juni 2019 forderte das Polizeipräsidium X den Beklagten erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit vorliegender Klage nehmen die Kläger den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, durch den Wahlkampfflyer des Beklagten werde der Ruf des Polizeipräsidenten nicht unzulässig beeinträchtigt. Mit der Wiedergabe der Äußerung des Polizeipräsidenten werde nicht der Eindruck erweckt, dieser äußere sich auf dem Wahlplakat faktisch als Vertreter der P., stehe dieser nahe oder würde zu deren Wahl auffordern. Für den unbefangenen und verständigen Adressaten liege auf der Hand, dass der Polizeipräsident nicht für die Ziele einer Partei einstehe, sondern von dieser lediglich verbal vereinnahmt werde. Die besondere Werbewirksamkeit des Zitats beruhe darauf, dass der Polizeipräsident als neutrale Amtsperson zitiert werde, der aus der Sicht eines unvoreingenommenen Bürgers gerade keiner Partei nahe stehe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiterverfolgen. Sie führen zur Begründung ihres Rechtsmittels aus, entgegen dem Landgericht stelle die aus dem Zusammenhang gerissene Aussage des Klägers zu 2) in Verbindung mit der Ergänzung der Beklagten "WIR sind deine Stimme!" eine unwahre Zugehörigkeit zwischen den Parteien her und spiegele hierdurch falsche Tatsachen wieder. Die Werbewirksamkeit des Wahlkampfflyers liege darin, dass der Polizeipräsident von dem Beklagten als einer der "ihren" dargestellt werde. Das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte einige Wörter des Zitats unterstrichen und dadurch eine eigene Gewichtung vorgenommen habe. Dies habe zu einer Vermischung der Aussagen geführt, weshalb für den objektiven Betrachter keine klare Abgrenzung möglich sei.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO durch das Landgericht; die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
A. Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie haben das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, §§ 517, 519 ZPO. Die Berufungsbegründung entspricht den formalen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Unschädlich ist, dass die Kläger keinen förmlichen Antrag in der Begründungsschrift formuliert haben. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 muss die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und welche Abänderung des Urteils beantragt wird. Diese Vorschrift soll die Berufungsklägerin im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu anhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel ihres Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht sowie Prozessgegner über Umfang und Inhalt ihrer Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen (vgl. BGH, NJW 2006, 2705 - 2706; Beschluss vom 13. Mai 1998, Az.: VIII ZB 9/98, zitiert nach juris, Rn. 16; Urteil vom 31. Mai 1995, Az.: XII ZR 196/94, NJW-RR 1995, 1154 - 1155; Beschluss vom 13....