Leitsatz (amtlich)
Ein Recht des Käufers zum Rücktritt ohne Gewährung eines zweiten Nachbesserungsversuchs kann wegen Unzumutbarkeit zu bejahen sein, wenn dem Verkäufer beim ersten Nachbesserungsversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen oder der erste Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war (hier: unzureichend abgedichteter Feuchtigkeitsschaden eines Wohnmobils).
Normenkette
BGB § 323 Abs. 5 S. 2, § 346 Abs. 1, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 439 Abs. 1, § 440; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 02.07.2010; Aktenzeichen 7 O 85/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin zu 2) gegen das am 2.7.2010 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird - unter Zurückweisung des weiterge-henden Rechtsmittels - das vorgenannte Urteil des LG Bielefeld teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 34.938 EUR zu zahlen, davon 34.638 EUR Zug um Zug gegen Rückübereignung des Reisemobils "G", Fahrgestellnummer ...
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 1) sämtli-chen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Lieferung des vor-genannten Reisemobils mit einem bei Übergabe am 8.11.2007 vor-handenen, nicht beseitigten Feuchtigkeitsschaden entstanden ist bzw. entstehen wird.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2) zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt die Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt diese selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst zu 52 % und die Klägerin zu 2) zu 48 %.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2) zu 50 % und die Beklagte zu 50 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt die Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt diese selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst zu 50 % und zur 50 % die Klägerin zu 2).
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin zu 2) darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers zu 1) durch Sicherheitsleis-tung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger verlangen von der Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein gebrauchtes Wohnmobil.
Die Beklagte, die mit Wohnmobilen handelt, kaufte ein gebrauchtes Wohnmobil "G1" an, welches erstmals im Mai 1999 zugelassen war. Während der Besitzzeit des Vorhalters war Wasser auf der Beifahrerseite am Übergang der Hutze zum Dach eingedrungen. Dies teilte der Vorhalter der Beklagten nicht mit. Die Beklagte, die damit wirbt, Gebrauchtfahrzeuge eingehend zu prüfen, nahm nach ihren Angaben eine Feuchtigkeitsmessung vor, stellte den Wasserschaden jedoch nicht fest.
Der Kläger zu 1 (fortan nur: der Kläger) erwarb das Fahrzeug am 2.11.2007 für 36.598 EUR von der Beklagten. Die Laufleistung war mit 85.300 km angegeben. Im schriftlichen Kaufvertrag ist nur der Kläger als Käufer genannt, nicht die Klägerin zu 2 (nachfolgend nur: die Klägerin).
Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 8.11.2007 übergeben. Wenig später stellte er Feuchtigkeit im Innenraum fest. Der Kläger führte das Fahrzeug der Beklagten am 12.11.2007 vor. Die Beklagte erklärte, dass es sich um eine leichte Undichtigkeit handele. Da die Kläger mit dem Wohnmobil nach Portugal fahren und dort überwintern wollten, vereinbarte die Beklagte einen Reparaturtermin für den 19.2.2008.
Die Kläger reisten mit dem Wohnmobil Anfang Dezember 2007 Richtung Portugal. Sie stellten auf dem Weg dorthin einen nach ihren Angaben "massiven Feuchtigkeitseinbruch" fest. Wasser war auf der Beifahrerseite im Dachbereich vorne rechts eingedrungen. Der Beifahrersitz war durchnässt. Sie suchten in L2 einen Vertragshändler des Herstellerunternehmens "G" auf. Dieser teilte ihnen nach ihren Angaben mit, dass das Fahrzeug nach einem in der Vergangenheit eingetretenen Feuchtigkeitsschaden nur "laienhaft instand gesetzt" worden sei. Der Schaden sei "mindestens ein halbes Jahr alt"; es sei schon einmal "herumgepfuscht" worden. Die Kläger brachen die Weiterreise ab.
Sie vereinbarten mit der Beklagten einen früheren Reparaturtermin als bisher vorgesehen. Ab dem 21.1.2008 befand sich das Fahrzeug zum Zweck der Reparatur bei der Beklagten. Wegen der Einzelheiten der von der Beklagten vorgenommen Arbeiten w...