Leitsatz (amtlich)
Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer unangemessen, soweit sie Leistungsfreiheit bei gleichzeitigem Verlust von Inventuren und Bilanzen vorsieht, obwohl die Bilanzen regelmäßig problemlos wieder beschaffbar sind.
Normenkette
FBUB § 7; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 530/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.6.2001 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus Anlass des Feuerschadens vom 19./20.11.1999 Versicherungsschutz aus der Feuer-Industrieversicherung sowie aus der Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der jeweils zu vollstreckenden Beträge abzuwenden, falls nicht zuvor der Kläger Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Beklagten wird nachgelassen, Sicherheit auch durch eine schriftliche, unbedingte und unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Der Kläger betreibt unter der Einzelfirma … die Aufarbeitung gebrauchter Stahlfässer und den Handel mit aufgearbeiteten Fässern. In der Nacht vom 19. auf den 20.11.1999 brach in der Produktionshalle der Betriebsstätte infolge einer Brandstiftung ein Brand aus, der u.a. eine dort aufgestellte Stahlstrahlmaschine zerstörte und zu einem erheblichen Produktionsausfall führte.
Der Kläger hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der … unter der Vers. Nr. … einen Feuer-Industrieversicherungsvertrag sowie unter der Vers. Nr. … einen Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrag geschlossen; vereinbart waren die AFB 87 i.d.F. 1995, das Vertragswerk Feuer-Industrieversicherung sowie die FBUB ebenfalls i.d.F. 1995. Beide Verträge hatten zunächst eine Laufzeit vom 17.6.1998 bis zum 1.1.1999. Für beide Verträge wurden Folgebeiträge für eine Laufzeit bis zum 1.1.2000 berechnet und, soweit in Rechnung gestellt, auch bezahlt. Mit Schreiben vom 9.8.1999 erklärte die Beklagte die Kündigung beider Versicherungsverträge zum 1.1.2000 (Anlage B9, Bl. 72 GA).
Zwischen den Parteien wurde zur Ermittlung der Schadenshöhe nach dem Brandfall am 19./20.11.1999 ein Sachverständigenverfahren vereinbart. Die Sachverständigen … und … erstatteten ein Gutachten vom 21.5.2000, das den Ersatzwert der beim Brand beschädigten Maschineneinrichtung mit 369.000 DM (Neuwert) bewertete. Das eingeleitete Sachverständigenverfahren über den Betriebsunterbrechungsschaden wurde nicht zu Ende geführt, weil die Beklagte mit Schreiben vom 2.5.2000 die Schadensregulierung ablehnte und den Kläger auf den Rechtsweg verwies. Zuvor hatte die Beklagte von dem Kläger mit Schreiben vom 16.2.2000 (Anlage B3 – Kopie Bl. 62 GA) detaillierte Auskünfte über seine wirtschaftlichen Verhältnisse verlangt, die zu erteilen dieser mit Anwaltsschreiben vom 29.2.2000 verweigerte (Anlage B4 – Kopie Bl. 64 ff. GA). Mit Schreiben vom 13.3.2000 (Anlage B5 – Kopie Bl. 67) und vom 5.4.2000 (Anlage B6 – Kopie Bl. 68 GA) hatte die Beklagte die Auskünfte vergeblich angemahnt.
Ein gegen den Kläger und seinen Vater gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Brandstiftung wurde gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Anlage KXIII). Weitere Ermittlungsverfahren, u.a. wegen des Verdachts des Vortäuschens einer Straftat, sind bislang noch nicht abgeschlossen. Dabei geht es um folgenden zwischen den Parteien unstreitigen Vorfall: Für den 22.11.1999 war eine Betriebsprüfung der Firma des Klägers durch das Finanzamt angekündigt worden. Der Kläger ließ zu diesem Zweck am 19.11.1999 sämtliche Buchhaltungsunterlagen, die in Büroräumen außerhalb der Betriebsstätte aufbewahrt wurden, in einem Lieferwagen auf das Gelände der Firma bringen. Der Wagen wurde am 19.11.1999 nicht mehr ausgeladen und blieb zunächst auf dem Gelände stehen. Am 21.11.1999 meldete der Kläger den Wagen als gestohlen. Wenig später wurde der Wagen in der Nähe der holländischen Grenze ohne die Buchhaltungsunterlagen wiederaufgefunden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Deckung des eingetretenen Brandschadens verpflichtet.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsschutz aus dem Brandschadensereignis vom 20.11.1999 in B. zu gewähren und zwar aufgrund des FI-Vertrages vom 24.9.1998 und des FUB-Vertrages vom 28.9.1998.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen LG Essen gerügt.
Sie hat die Feststellungsklage mangels Feststellungsinteresses für unzulässig gehalten.
Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, das Vertragsverhältnis sei am 1.1.1999 erloschen.
Ferner hat sie geltend gemacht, nach § 61 VVG nicht zu Leistungen verpflichtet zu sein, da ein erdrückender Verdacht bestehe, dass der Kläger selbst den Br...