Leitsatz (amtlich)
Erleidet der Geschädigte im Zuge einer Auseinandersetzung zwischen seinem und einem weiteren ebenfalls nicht angeleinten Hunden eine Bissverletzung, wirkt sich auch die typische Tiergefahr des eigenen Hundes aus.
Normenkette
BGB § 254 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 833 S. 1
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 306/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.12.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin 25 % der weiteren künftigen materiellen sowie - unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens von 75 % - die zukünftigen, derzeit noch nicht konkret absehbaren immateriellen Schäden aufgrund des Vorfalls vom 14.10.2015 im D- Stadtpark zu ersetzen hat, jedoch nur, soweit derartige Ansprüche einen Betrag in Höhe von 2.750,00 EUR übersteigen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen und die darüber hinausgehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90 % und die Beklagte zu 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Klägerin ist nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang begründet, hat hingegen im Übrigen keinen Erfolg.
1. Die Beklagte, welche unstreitig Halterin des hier beteiligten Hundes "X" ist, ist der Klägerin gegenüber dem Grunde nach aus §§ 833 S. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB, vor allem aber auch aus §§ 823 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB zum Ersatz des der Klägerin aufgrund des streitgegenständlichen Vorfalles entstandenen materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet, allerdings wegen Eigenverschuldens gem. § 254 Abs. 1 BGB nur zu einer Haftungsquote von 25 %.
a. Vorab sei bemerkt, dass hinsichtlich der Haftung der Beklagten und des Haftungsumfanges nicht etwa ein einwendungsausschließendes Anerkenntnis der Beklagten im Zusammenhang mit der unstreitig vorgerichtlich erbrachten Zahlung von 4.000,- EUR anzunehmen ist. Es ist - auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Angaben der Parteien bei ihrer persönlichen Anhörung durch den Senat - weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Zahlung mit irgendeinem rechtsgeschäftlichem Verpflichtungswillen und nicht nur - wie unter den gegebenen Umständen von vornherein naheliegend - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt ist.
b. Zunächst kommt es für die Frage, ob sich bzgl. der von der Klägerin im Rahmen des streitgegenständlichen Ereignisses vom 14.10.2015 im D- Stadtpark erlittenen, durch die vorgelegten ärztlichen Unterlagen (Bl. 9 ff. GA) hinreichend belegten, im Urteilstatbestand i.ü. auch als unstreitig aufgeführten Verletzungen die vom Hund der Beklagten ausgehende Tiergefahr - jedenfalls mitursächlich - ausgewirkt hat, nicht entscheidend darauf an, welcher Hund hier die Klägerin gebissen und wodurch genau insbesondere die Ellenfraktur verursacht worden ist. Denn unstreitig hat es hier eine Auseinandersetzung zwischen den beiden nicht angeleinten Hunden gegeben, die letztlich - auf welche konkrete Art und Weise auch immer - dazu geführt hat, dass die ihren Hund jedenfalls zu diesem Zeitpunkt mit der linken Hand am Halsband festhaltende Klägerin verletzt worden ist. Damit hat sich in jedem Fall die typische Tiergefahr auch des Hundes der Beklagten verletzungsursächlich ausgewirkt (vgl. dazu BGH, VersR 2016, 1068, dort Rn. 12 bei juris; Senat, Beschluss v. 28.05.2013 - I-9 U 13/13, zitiert nach juris, dort Rn. 3; OLG München, Urteil v. 12.12.2018 - 20 U 1474/18, zitiert nach juris, dort Rn. 13 f.; ferner allgemein nur Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 833, Rn. 7 m. w. Nachw.). Dementsprechend ist eine Haftung der Beklagten aus § 833 Satz 1 BGB - eine Exkulpation nach § 833 Satz 2 BGB ist schon von den dort vorausgesetzten Tiereigenschaften her weder von Beklagtenseite dargetan noch sonst ersichtlich - grundsätzlich zu bejahen. Das Landgericht hat dies auch auf S. 4 des angefochtenen Urteils durchaus erkannt, im weiteren Verlauf dann allerdings - insoweit widersprüchlich - im Zusammenhang mit der Ellenfraktur wieder außer Acht gelassen.
Zudem liegt auch ein aus dem Gesichtspunkt der Sicherungspflichtverletzung i.S. des § 823 Abs. 1 BGB haftungsbegründendes Verschulden der Beklagten vor. Denn die Beklagte hat entgegen § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Landeshundegesetz NRW ihren Hund bei dem Spaziergang im D- Stadtpark nicht angeleint. Beide Parteien haben im Senatstermin in diesem Zusammenhang selbst angegeben, dass sich der streitgegenständliche Vorfall nicht etwa in einem besonders ausgewiesenen Hundeauslaufbereich ereignet hat. Es ist ferner auch davon auszugehen, dass es zu der nach dem oben Gesagten letztlich zu den Verletzungen der Klägerin führenden kritischen Situation aufgrund der Auseinandersetzung der Hunde so nicht gekommen wäre, wenn der Anleinpflicht nachgekommen worden wäre.
c. Die gemäß § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende ...