Verfahrensgang
AG Bochum (Urteil vom 16.02.2006; Aktenzeichen 57 F 170/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 16.2.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Bochum wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gem. § 540 Abs. 1 ZPO)
I. Der Antragsteller (nachfolgend ASt.), gelernter Elektroanlageninstallateur, und die Antragsgegnerin (nachfolgend AGg.), die die Ausbildung zur Altenpflegerin vor dem Examen abgebrochen hat, haben am 3.7.1990 geheiratet. Aus der Ehe ist der am 21.9.1992 geborene Sohn E hervorgegangen. Die Parteien leben seit Februar 2001 getrennt. Die Zustellung des Scheidungsantrages erfolgte am 30.5.2001.
Der ASt. lebt zwischenzeitlich in der Schweiz und hat dort ein weiteres Kind, die am 5.9.2003 geborene G, aus einer Beziehung mit seiner jetzigen Lebensgefährtin, Frau G1. Durch Unterhaltsvertrag vom 15.10.2003 hat er sich zur Zahlung von Unterhalt für das Kind G verpflichtet. Daneben zahlt er an die AGg. aufgrund des Urteils des AG Bochum vom 7.4.2003 im Verfahren 57 F 174/01 monatlich 150 EUR Trennungs- und 291 EUR Kindesunterhalt.
Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien um Zugewinn, Nachscheidungsunterhalt und elterliche Sorge für das gemeinsame Kind. Während das Zugewinnverfahren von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, hat das FamG die Verbundanträge der AGg. vom 13.2.2006 zur Regelung der elterlichen Sorge und zum Nachscheidungsunterhalt auf Antrag des ASt. und gegen den Widerspruch der AGg. mit Beschluss vom 16.2.2006 gem. § 623 II ZPO abgetrennt und mit dem angegriffenen Urteil die Ehe der Parteien geschieden sowie den Versorgungsausgleich durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der AGg., die die Abtrennung aus Rechtsgründen für unzulässig hält und deshalb die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache beantragt.
Der ASt. verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung ist zulässig, hat im Ergebnis aber keinen Erfolg. Das FamG hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Verfahren zum Nachscheidungsunterhalt und zur elterlichen Sorge auf Antrag des ASt. abgetrennt.
1. Zulässigkeit der Berufung
Die Berufung gegen das Scheidungsurteil ist zulässig, auch wenn sich der Berufungsangriff allein auf die erfolgte Abtrennung bezieht.
Da eine Abtrennung nach § 623 ZPO nicht anfechtbar ist (Büttner FamRZ 1998, 585, 592), kann das Scheidungsurteil nur mit der Begründung angefochten werden, § 623 ZPO sei verletzt, weil die Voraussetzungen für eine Abtrennung nicht vorgelegen haben (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 623 Rz. 32i).
2. Begründetheit der Berufung
Entgegen der Auffassung der AGg. ist das Scheidungsurteil nicht aufzuheben und die Sache an das FamG gem. § 538 Abs. 2 ZPO zurückzuverweisen.
a) Der AGg. ist zwar dahin Recht zu geben, dass sich die Entscheidung über den vorliegenden Berufungsantrag nach § 538 Abs. 2 Ziff. 7 ZPO richtet. Denn wenn die Abtrennung zu Unrecht erfolgt ist, hat dies zur Konsequenz, dass das Scheidungsurteil ein unzulässiges Teilurteil darstellt, weil über eine von mehreren im Verbundverfahren geltend gemachten Klagen entschieden worden ist, obwohl sie nach den §§ 623, 628 ZPO noch nicht zur Entscheidung reif war (Zöller/Philippi, a.a.O.,§ 628 Rz. 14). Für diesen Fall ist nach § 538 Abs. 2, S. 3 ZPO ein Antrag nicht erforderlich ist, ein solcher liegt hier allerdings ausdrücklich vor.
b) Entgegen der Auffassung der AGg. ist die Abtrennung durch das FamG in nicht angreifbarer Weise erfolgt.
aa) Nach dem Wortlaut des § 623 II Ziff. 1, S. 2 ZPO trennt dass Gericht im Falle einer Folgesache elterliche Sorge, wie sie hier von der AGg. in den Verbund eingebracht worden ist, diese auf Antrag ab. Eine irgendwie geartete Ermessensentscheidung besteht - jedenfalls nach dem Wortlaut - nicht. Nach Satz 4 des zweiten Absatzes kann der Antrag mit der Abtrennung einer Folgesache Nachscheidungsunterhalt, der hier ebenfalls von der AGg. eingebracht worden ist, verbunden werden.
bb) Trotz des eindeutigen Wortlauts der Norm sind aber die Voraussetzungen der Abtrennung der Folgesachen elterliche Sorge und Unterhalt aus dem Scheidungsverbund nach § 623 Abs. 2 ZPO in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
(1) Aus dem Wortlaut der Vorschrift leitet eine Meinung ab, dass in den genannten Fällen eine Abtrennung vorzunehmen ist ("trennt ab"), dem Gericht also insoweit keine Ermessensentscheidung eingeräumt worden ist. Gerade darin unterscheide sich § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO von der bloßen "Möglichkeit", eine Folgesache nach § 628 ZPO abzutrennen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich kein Hinweis darauf, das Gericht könne trotz eines entsprechenden Antrages eines Ehegatten unter bestimmten Voraussetzu...