Entscheidungsstichwort (Thema)
AKB: Leistungsfreiheit wegen Arglist, Einreichen einer falschen Rechnung
Leitsatz (amtlich)
Reicht der Versicherungsnehmer eine Rechnung über eine tatsächlich nicht durchgeführte Reparatur ein, kann Arglist bejaht werden, auch wenn eine Abrechnung in gleicher Höhe auf Basis eines vom Versicherer eingeholten Gutachtens möglich war.
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 01.07.2013; Aktenzeichen 115 O 57/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.7.2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster, Az. 115 O 57/12, unter Zurückweisung der Berufung des Klägers abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger, der gewerblich Wohnmobile vermietet, verkauft und repariert macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten geführten Kaskoversicherung geltend, nachdem der Mieter M bzw. dessen Mitfahrer am 10.8.2009 einen Unfall mit dem Fahrzeug verursachte. Ursprünglich verlangte er einen Betrag von 10.775,82 EUR. Die Beklagte beruft sich auf die Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten, insbesondere auf die Übersendung einer Rechnung der Klägerin vom 29.8.2009 (Bl. 14 GA) über die Fahrzeugreparatur und eine anschließende Verzögerung der Nachbesichtigung des Fahrzeuges.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1. ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte in der Hauptsache zur Zahlung eines Betrages von 5.009,59 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der weiter gehende Betrag sei von dem geltend gemachten Reparaturaufwand in Abzug zu bringen. Die Beklagte sei nicht wegen Obliegenheitspflichtverletzungen leistungsfrei geworden. Hinsichtlich der Rechnungsstellung habe der Kläger keine Aufklärungspflicht verletzt, weil die Beklagte zuvor Gelegenheit gehabt habe, den Umfang des Schadens durch den von ihr beauftragten Sachverständigen R zu besichtigen und zu bewerten. Die Versicherungsbedingungen der Beklagten erfassten die Rechnungsstellung nicht. Der Kläger habe zwar die Nachbesichtigung des Fahrzeuges verzögert. Aber auch eine diese Verzögerung erfassende Obliegenheit sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung einige der Positionen, wegen derer das LG die Klage abgewiesen hat, weiter. Die Beklagte verfolgt ihren Klageabweisungsantrag unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlichen Argumentation weiter.
Der Kläger beantragt, das am 1.7.2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster, Az. 115 O 57/12, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 4.327,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.7.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, das am 1.7.2013 verkündete Urteil unter Zurückweisung der Berufung des Klägers abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Senat hat im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 26.3.2014 den früheren Inhaber und Bevollmächtigten der Firma des Klägers, Herrn V V, persönlich angehört. Zudem hat der Senat den sachverständigen Zeugen I vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 28.3.2014 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten führt zur Abweisung der Klage. Daher hat die zulässige Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Die Beklagte ist gem.E. 6.1 S. 1 AKB leistungsfrei geworden. Der Zeuge V V hat als Repräsentant des Klägers vorsätzlich die Aufklärungsobliegenheit aus E. 1.3 AKB verletzt und hat wegen arglistigen Handelns nicht die Möglichkeit, den Kausalitätsgegenbeweis zu führen, E. 6.2 S. 2 AKB.
1. Der Kläger muss sich das Verhalten seines Vaters V V zurechnen lassen, weil dieser der Repräsentant des Klägers ist. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, wobei die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache hierfür nicht ausreicht (exemplarisch Römer/Langheid-Rixecker, VVG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rz. 39 m.w.N.). Herr V V - der ursprüngliche Firmeninhaber - hat vor Ort den gesamten Geschäftsbetrieb weiter geleitet, während sein Sohn, der Kläger, als neuer Firmeninhaber einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist.
2. Nach E. 1.3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Hiergegen hat der Zeuge V V durch die Übersendung der Rechnung vom 29.8.2009 über die Reparatur des Wohnmobils objektiv verstoßen. Die Rechnung erweckte den Eindruck, es sei tatsächlich eine Reparatur durchgeführt worden. Eine solche Reparatur war aber zum fraglichen Zeitpunkt unstreitig noch nicht erfolgt und ist auch in der ...