Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 12.02.1986; Aktenzeichen 4 O 70/85) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Februar 1986 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.423,48 DM nebst 9,75 % Zinsen seit dem 3. Dezember 1984 sowie 3,20 DM zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 63 % und die Beklagte 37 %.
Von den Kosten der zweiten Instanz tragen die Klägerin 53 % und die Beklagte 47 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 7.656,47 DM zu, der durch die von der Klägerin selbst erklärte Aufrechnung gegenüber unstreitigen Gegenforderungen der Beklagten in Höhe von 2.655,38 DM und 577,61 DM teilweise erloschen ist, so daß sich insgesamt der zuerkannte Anspruch von 4.423,48 DM ergibt.
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung. Die Beklagte hat die sich aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Gerüstgestellungsvertrag ergebende Nebenpflicht zu einer ordnungsgemäßen Verankerung des Gerüstes in der Wand des Laboratoriumsgebäudes des Staatlichen Hochbauamtes … in verletzt.
Die Verletzung dieser Verpflichtung ist nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung und nicht nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Die Beklagte schuldete nach dem Vertrag die nach Mietrecht zu beurteilende Zurverfügungstellung des Gerüsts (vgl. RGRK-Gelhaar vor § 535 Rn. 269; OLG Düsseldorf VersR 1974, S. 11, 13) sowie als Nebenverpflichtungen den Aufbau, die Verankerung, die Entankerung und den Abbau des Gerüstes. Daß es sich bei den letztgenannten Verpflichtungen um Nebenpflichten handelt, ergibt sich daraus, daß die Gerüstgesteilung als solche im Vordergrund steht und auch eine gesonderte Vergütung für die Erfüllung dieser Pflichten nicht vereinbart ist. §§ 633 ff BGB sind auf diese Verpflichtungen nicht anwendbar, weil die Anwendung von Werkvertragsrecht der Interessenlage der Parteien nicht entsprechen würde. Die Interessenlage unterscheidet sich grundlegend darin, daß das hergestellte Werk grundsätzlich vom Besteller abzunehmen ist, während bei der Gerüstgestellung eine Abnahme nicht geschuldet wird und auch nicht Voraussetzung für die Fälligkeit des Vergütungsanspruches oder Tatbestandsvoraussetzung eines Schadensersatzanspruches wäre. Aus der hieraus zu schließenden Nichtanwendbarkeit des Werkvertragsrechtes folgt zugleich, daß es auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 634 BGB vorliegend nicht ankommt.
Nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Gerüstgestellungsvertrag traf die Beklagte u.a. die Nebenpflicht, das Gerüst unter Verwendung von 17er oder 18er Ringösen und entsprechend langer Haken in der Hauswand zu verankern. Denn nur bei Verwendung solcher Anker war sichergestellt, daß diese nach Aufbringung der vorgesehenen Wärmedämmung und des Kunststoffputzes komplikationslos aus der Wand gezogen werden konnten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es nach den im Gerüstgewerbe herrschenden Gepflogenheiten Sache des Gerüstbauers ist, vor Aufbau des Gerüstes nach dem Verwendungszweck zu fragen. Denn nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung und der Vernehmung der Sachverständigen … und … im Senatstermin vom 11. Juli 1986 steht zur Oberzeugung des Senats fest, daß … dem für die Beklagte handelnden Zeugen … vor Verankerung des Gerüstes mitgeteilt worden ist (§ 166 BGB), daß es bei den auszuführenden Stukkateurarbeiten um die Erstellung einer Wärmedämm-Fassade ging. Die Zeugen … und … haben in erster Instanz glaubhaft bekundet, daß dem Zeugen … selbst bzw. dem Vorarbeiter vor Ort bekannt war, daß vorliegend längere Verankerungen im Hinblick auf die Wärmedämmung erforderlich waren. Für die Richtigkeit dieser Aussagen spricht, auch wenn die abweichende Aussage des Zeugen … in erster Instanz mißverstanden worden sein sollte, eine innere Wahrscheinlichkeit. Gerade weil es unterschiedliche Verankerungen gibt, liegt es auf der Hand, daß vor Befestigung eines Gerüstes über die in Einzelfall erforderliche Verankerungsart gesprochen wird. Diese Annahme wird untermauert durch die Aussage des Sachverständigen … vor dem Senat, daß er, der selber Inhaber eines Stukkateurbetriebes ist, die ständige Erfahrung gemacht hat, daß der Gerüstbauer vor Verankerung danach fragt, für welche Zwecke das Gertüst benötigt wird.
Aufgrund dieses damit als bewiesen feststehenden Hinweises ergab sich für die Beklagte die Verpflichtung, das Gerüst mit ausreichend langen Ankern unter Verwendung von 17er oder 18er Ringösen...