Leitsatz (amtlich)
1. Eine das Erfordernis der schriftlichen Zusage des Versicherers auslösende gemischte Krankenanstalt i.S.d. § 4 Abs. 5 MB/KK liegt vor, wenn die Anstalt nach ihrem medizinischen Konzept sowohl reine Krankenhausleistungen als auch die Behandlungen und Leistungen eines Sanatoriumsbetriebs erbringen kann; auf die konkrete Ausgestaltung der tatsächlich gewählten Therapie des Versicherten im Einzelfall kommt es dabei nicht an.
2. Krankenanstalten, die ihre Patienten nach dem alternativen Konzept der Traditionellen Chinesischen Medizin behandeln, in der zur Behandlung akuter Erkrankungen auch solche Therapieformen zur Anwendung gelangen, die sich bei isolierter Betrachtung als Maßnahmen zur Rehabilitation darstellen, können nur dann nicht als gemischte Anstalten angesehen werden, wenn die besondere Art der Therapieform ausschließlich dem Zweck der Behandlung der akuten Erkrankung dient und nicht - auch - der Rehabilitation oder der Hilfe zur Selbsthilfe. Hierzu muss der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast substantiiert vortragen.
Normenkette
MB/KK § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 25.02.2016; Aktenzeichen 2 O 213/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.2.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Behandlungskosten für einen stationären Aufenthalt aus einem zwischen den Parteien geschlossenen privaten Krankheitskostenvollversicherungsvertrag. In dem Versicherungsvertrag, dem die Geltung MB/KK 2009 zugrunde liegt, haben die Parteien - auszugsweise - folgende Vereinbarungen getroffen:
"Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern,..." (§ 4 IV MB/KK).
"Für medizinisch notwendige Heilbehandlungen in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im Übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat ..." (§ 4 V MB/KK).
Außerdem haben sie in Teil II Tarifbedingungen vereinbart:
"Eine schriftliche Leistungszusage nach § 4 Abs. 5 Teil I ist nicht erforderlich, wenn es sich um eine Notfalleinweisung handelt oder wenn die Krankenanstalt das einzige Versorgungskrankenhaus in der Umgebung des Versicherten ist und ausschließlich medizinisch notwendige Heilbehandlungen durchgeführt werden sollen, die eine stationäre Behandlung erfordern..."
Der Kläger leidet seit längerer Zeit an einer Erkrankung des peripheren Nervensystems. Er hat sich aufgrund einer Diagnose seines behandelnden Hausarztes mit dem Inhalt einer deutlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nach Ausschöpfung sämtlicher ambulanter Behandlungsmaßnahmen in der Zeit vom 18.1.2015 bis zum 8.2.2015 in stationäre Behandlung in der Klinik a S in G begeben. Die genannte Klinik behandelt ihre Patienten nach der Heilmethode der Traditionellen Chinesischen Medizin (kurz: TCM). Einen zuvor vom Kläger gestellten Antrag auf schriftliche Zusage der Kostenübernahme für die Behandlung in der Klinik a S hat die Beklagte unter Hinweis darauf, dass es sich dabei auch um eine Rehabilitationsmaßnahme handele, abgewiesen.
Der Kläger ist der Ansicht, die Klinik a S erfülle nicht die Voraussetzungen des § 4 V MB/KK 2009. Deswegen habe es einer schriftlichen Zustimmung der Beklagten nicht bedurft. Er hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.854,00 EUR (restliche Behandlungskosten nach Teilzahlung durch die Beklagte) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.4.2015, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünde kein Anspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag zu, weil die Beklagte die Übernahme der Kosten nach der Vereinbarung in § 4 V MB/KK zu Recht abgelehnt habe. Der darin vereinbarte Vorbehalt einer vorherigen schriftlichen Zusage sei in seiner konkreten Ausgestaltung rechtlich unbedenklich und wirksam. Die Klinik a S stelle eine sog. gemischte Anstalt i.S.d. § 4 V MB/KK dar, weil sie sowohl Krankenhausleistungen, als auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen anbiete. Für die rechtliche Einordnung der Klinik komme es weder auf die konkrete Ausgestaltung der Behandlung des Klägers, noch auf das spezielle Behandlungskonzept der TCM, sondern auf das im Katalog und in der Internetdarstellung veröffentlichte Leistungsangebot der Klinik an, nach der auch für Kur- und Sanatoriumsaufenthalte typische Heilanwend...