Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 19 O 53/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.10.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer - V. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung wird das vorgenannte Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Klägerin verurteilt, an die Beklagte weitere 33.484,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2013 zu zahlen.
Die weitergehende Widerklage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 86 % und die Beklagte zu 14 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 90 % und die Beklagte zu 10 %.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung jeweils der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt als Herstellerin von Spezialdämmstoffen mit Sitz in Frankreich von der Beklagten, die Bitumen-Dachbahnen produziert und im In- und Ausland vertreibt, eine Bezahlung ihrer letzten Warenlieferungen aus Dezember 2011 und Januar 2012 in Höhe von 51.048,00 Euro. Die Beklagte verteidigt sich im Wege einer Primäraufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung eines exklusiv mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin vereinbarten Verkaufsrechts, die sie vor dem Landgericht mit insgesamt 243.825,00 Euro beziffert hatte. Den über die Klageforderung hinausgehenden Teil macht sie widerklagend geltend. Nachdem sie diese Forderung erstinstanzlich mit 192.777,00 Euro in Ansatz gebracht hatte (243.825,00 Euro - 51.048,00 Euro), beschränkt die Beklagte sie nunmehr auf 125.884,90 Euro (176.932,09 Euro - 51.048,00 Euro).
Der "Exklusivvertrag" vom 04.05.1998 sah eine ausschließliche Belieferung der Beklagten mit dem bituminierten und expandierten Vermiculit namens "Vermaspha" vor. Im Gegenzug war die Beklagte zu einer Mindestabnahme verpflichtet und durfte in Deutschland, Österreich und den Benelux-Staaten nur das klägereigene Produkt vertreiben. Die Mindestlaufzeit des Vertrags betrug 5 Jahre und verlängerte sich ohne schriftliche Kündigung automatisch um jeweils drei weitere Jahre.
Während Ziff. 2.7 in Anknüpfung an die Exklusivabrede eine Überweisung von Rechnungsbeträgen binnen 60 Tagen bestimmte, hieß es unter Ziff. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2:
"Darüber hinaus kann jeder der beiden Vertragspartner diesen Vertrag per Einschreiben mit Rückschein in folgenden Fällen ohne Entschädigung an die andere Partei kündigen oder neu verhandeln:
- (...)
- wichtige Änderungen in den Besitz- oder Rechtsverhältnissen von C oder F, die die Erfüllung des Vertrages in Frage stellen könnten."
"
Nachdem die Klägerin im Zuge einer Verschmelzung ihrer Rechtsvorgängerin F auf sie ab September 2011 neben der Beklagten ihre Schwesterfirma PGmbH mit dem Produkt beliefert hatte, erklärte sie mit Schreiben vom 15.12.2011 unter Bezugnahme auf Ziff. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 die Kündigung des Vertrags zum Jahresende und führte lediglich noch im Dezember 2011 bzw. Januar 2012 Aufträge der Beklagten im Wert von 51.048,00 Euro aus. Mit Schreiben vom 19.03.2012 widersprach die Beklagte sowohl dem vorzeitigen Vertragsende als auch der abredewidrigen Fremdversorgung. Den Rechnungsbetrag behielt sie ein und berief sich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Unter dem 12.04.2012 erklärte die Klägerin hilfsweise erneut unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 die Kündigung des Vertrags "zum nächstmöglichen Termin" und machte weitere Warenlieferungen von dem Ausgleich der bislang unbezahlten Rechnungen abhängig. Mit Schreiben vom 18.07.2012 erklärte die Beklagte, die keine Lieferungen mehr erhalten hatte, ihrerseits die fristlose Kündigung des Vertrags und griff fortan auf ein Alternativprodukt zurück.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen G, L und R sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Mit Urteil vom 30.10.2017 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 74.695,03 Euro stattgegeben. Es hat kartellrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bezugsvertrags verworfen und einen Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen einer schuldhaften Verletzung der Exklusivvereinbarung vom 04.05.1998 durch die Klägerin in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe von 125.743,03 Euro angenommen. Insbesondere habe die reguläre Laufzeit nach einer letzten automatischen Verlängerung bis zum 31.12.2014 angedauert und sei von der Klägerin unter dem 15.12.2011 nicht wirksam zum Jahresende 2011 gekündigt worden. Die Exklusivvereinbarung sei nicht nach Ziff. 2.7 des Vertrags suspendiert gewesen, da die Beklagte wegen der ver...