Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Schriftformerfordernis der Bürgschaftserklärung
Leitsatz (amtlich)
Bei formbedürftigen Bürgschaften ist es generell gerechtfertigt, die Vollmacht zur Abgabe der entsprechenden Willenserklärung oder die Befugnis zur Ergänzung eines Blanketts der Schriftform zu unterwerfen. Der Zweck der Schutzvorschrift des § 766 BGB, dem Bürgen Inhalt und Umfang seiner Haftung deutlich vor Augen zu führen, würde ausgehöhlt, wenn man es ausreichen ließe, dass der Bürge die Unterschrift auf ein Papier setzt, welches nicht sämtliche notwendigen Erklärungsbestandteile enthält, und einen Dritten mündlich ermächtigt, die fehlenden Angaben nachzuholen. Würde man eine solche Regelung zulassen, könnte die gesetzliche Formvorschrift ihre Warnaufgabe dem Bürgen ggü. nicht erfüllen
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 24.03.2004; Aktenzeichen 10 O 531/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 24.3.2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Münster abgeändert:
Die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Klägerin trägt 3/4 der Gerichtskosten und 1/4 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.
Die Klägerin trägt ferner die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2). Der Beklagte zu 1) trägt 1/4 der Gerichtskosten, 1/4 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und seine eigenen außergerichtlichen Kosten.
Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 2) als Bürgen für eine vom Beklagten zu 1) übernommene Darlehnsverpflichtung in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten der Sachverhaltsdarstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 24.3.2004 verwiesen.
Das LG hat durch Versäumnis- und Endurteil vom 24.3.2004 den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1) antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte zu 2) hafte der Klägerin für die Darlehnsverbindlichkeit des Beklagten zu 1) aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft vom 22.11.2001. Die vom Beklagten zu 1) eingegangene Bierbezugs- und Darlehnsrückzahlungsverpflichtung sei nicht sittenwidrig und unabhängig von der im Jahre 1994 vom Beklagten zu 2) übernommenen Bierbezugsverpflichtung zu erfüllen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten zu 2), mit welcher er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Er trägt vor, die Bürgschaftserklärung vom 22.11.2001 sei schon nicht in formgültiger Weise abgegeben worden. Bei Unterzeichnung der Urkunde sei als Hauptschuldner noch die I. GmbH ausgewiesen gewesen. Dies beruhe darauf, dass auch der vorher geschlossene Sicherungsübereignungsvertrag mit der GmbH zu Stande gekommen sei, die auch Betreiberin bzw. Pächterin des Hotels gewesen sei. Insoweit sei die Bürgschaftsverpflichtung nur zu Gunsten der GmbH in formgültiger Weise abgegeben worden. Soweit nach Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde der Hauptschuldner ausgewechselt worden sei, sei dies in nicht formgültiger Weise geschehen. Der Zusatz "am 11.12.2001 I" sei durch den Hauptschuldner auf die Urkunde gesetzt worden. Diese Änderung sei lediglich durch Paraphierung seitens seines, des Beklagten zu 2), Vertreters gebilligt worden. Eine solche Paraphierung genüge jedoch nicht dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB, welches zu den wesentlichen Bestandteilen einer jeden Bürgschaftserklärung gehöre.
Zudem sei eine den Formerfordernissen des § 766 BGB entsprechende Vollmacht für den in seinem, des Beklagten zu 2), Namen aufgetretenen Vertreter nicht vorgelegt worden. Die Vollmachtsurkunde decke die Eingehung einer Bürgschaft nicht ab.
Zudem hafte er, der Beklagte zu 2), für die streitige Darlehnsverbindlichkeit auch deswegen nicht, weil zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner ein wirksamer Darlehnsvertrag nicht zu Stande gekommen sei. Da der Pächter und Betreiber die I. GmbH gewesen sei, sei auch nur diese in der Lage gewesen, die Bezugsverpflichtung zu erfüllen, so dass durch den Vertrag vom 11.12./19.12.2001 eine wirksame Darlehns- und Bierbezugsverpflichtung nicht habe begründet werden können.
Schließlich seien sowohl die Bürgschaftsverpflichtung als auch die Bierbezugsverpflichtung gem. § 138 BGB nichtig. Denn die Klägerin habe mit ihm, dem Beklagten zu 2), bereits am 10.11./22.11.1994 einen Darlehens- und Bierbezugsvertrag geschlossen, der nach Auffassung der Klägerin noch heute Gültigkeit habe. Insoweit nehme ihn die Klägerin in dem Verfahren 10 O 584/03 LG Münster, welches derzeit beim 2. Zivilsenat des OLG Hamm anhängig sei, zugleich auch auf Schadensersatz aus der Bierbezugsverpflichtung vom 10.11./22.11.1994 in Anspruch.
Der...