Leitsatz (amtlich)
›Erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Diebstahls:
Dieb soll Schlüsselbund aus Jacke in bewachter Garderobe einer Diskothek entwendet, den Kfz.-Schlüssel kopiert, den Transponder durch ein Plastikstück ersetzt und dann den Schlüsselbund in Garderobe und Jacke zurückpraktiziert haben.‹
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 12 O 249/98) |
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Teilkaskoversicherung auf Zahlung einer Diebstahlsentschädigung für das versicherte Leasing-Fahrzeug BMW 520 i Touring (Erstzulassung am 29.02.1996) in Anspruch.
Sie behauptet, ihr Ehemann,der Zeuge N habe den Wagen am 27.09.1997 zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr auf dem Parkplatz ... abgestellt. Sodann habe er gemeinsam mit dem Zeugen die Diskothek aufgesucht. Auf Grund des genossenen Alkohols habe er das Fahrzeug in der Nacht am Abstellort stehenlassen und sei gemeinsam mit dem Zeugen W in dessen Fahrzeug nach Hause gefahren.
Am folgenden Tag gegen 12.45 Uhr habe er zusammen mit dem Zeugen N den Abstellort aufgesucht, den BMW dort aber nicht mehr vorgefunden.
Die Beklagte verweigert Versicherungsschutz. Sie bestreitet den Diebstahl mit näherer Begründung und beruft sich überdies auf Leistungsfreiheit wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung, weil die Klägerin bzw. ihr Ehemann, Falschangaben zu den Fahrzeugschlüsselverhältnissen gemacht habe.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, es bestehe die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalles durch den Zeugen N.
Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist ihr nicht gemäß §§ 1, 49 VVG; 12 Nr. 1 I lit. b AKB zur Entwendungsentschädigung verpflichtet.
Es kann offenbleiben, ob auf Grund der im zweiten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme das äußere Bild des behaupteten Diebstahls angenommen werden kann. Der Senat ist jedenfalls mit dem Landgericht der Auffassung, daß die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalles durch die Klägerin und/oder den Zeugen N gegeben ist. Ein etwaiges alleiniges Fehlverhalten ihres Ehemannes muß die Klägerin sich zurechnen lassen, weil der Zeuge N von den Parteien übereinstimmend als ihr Repräsentant angesehen wird.
Die Klägerin selbst trägt vor, daß ihr Ehemann am Abend des 27.09.1997 mit dem vom Sachverständigen W in seinem für die Beklagte erstatteten Schlüsselgutachten vom 06.01.1998 mit der Nummer 2 bezeichneten Fahrzeugschlüssel unterwegs war und diesen deshalb auch bei seiner Hinfahrt zur Discothek benutzt hat. Dieser Schlüssel weist unstreitig Kopierspuren auf, die nicht durch Gebrauchsspuren überlagert sind. Eine von der Beklagten veranlaßte Anfrage beim Fahrzeughersteller hat überdies ergeben, daß bei diesem Schlüssel der werksseitig in die Reide eingebaute Transponder fehlte; er war durch ein Plastikteil ersetzt worden, so daß man dem Schlüssel äußerlich die Manipulation nicht ansehen konnte. Der Transponder - ein Datenträger, der elektronisch mit einem Wechsel-Code codiert ist und bei jedem Startvorgang die "Berechtigung" des Schlüssels überprüft - ist eine Besonderheit der elektronischen Wegfahrsperre vom "Typ II", mit dem das versicherte Fahrzeug ausgerüstet war. Ohne Transponder ist mit dem in Rede stehenden Schlüssel ein Starten des Wagens unmöglich.
Nach dem Klagevortrag ist die behauptete Diebstahlstat nur so zu erklären,
- daß während des ca. vierstündigen Aufenthalts des Zeugen N in der Discothek ein unbekannter Täter zunächst den an einem Schlüsselbund (zusammen mit Haus- und Fitneßstudioschlüsseln) befindlichen Fahrzeugschlüssel aus der im Garderobenraum befindlichen Jacke des Zeugen an sich genommen,
- sodann den Fahrzeugschlüssel kopiert, den Transponder entnommen und durch ein Plastikteil ersetzt
- und schließlich den Schlüssel wieder in die Jackentasche des Zeugen in der Garderobe zurückverbracht hat.
Ein solches Tätervorgehen ist lebensfremd und deshalb äußerst unwahrscheinlich.
Es mag sein, daß es einem Dieb gelingen kann, sich in der Diskothek trotz des unstreitigen Vorhandenseins von Garderobenpersonal unbeaufsichtigt an fremden Kleidungsstücken zu schaffen zu machen und dabei auch einen Fahrzeugschlüssel aus einer Jackentasche zu entnehmen. Erfahrungsgemäß wäre aber zu erwarten, daß er sodann mit Hilfe des auf diese Weise in seinen Besitz gelangten Schlüssels das dazu passende Fahrzeug entwendet, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, den Schlüssel unbemerkt wieder zurückzubringen. Es ist weder vorgetragen noch sonst wie erkennbar, welches Interesse ein Dieb an der Anfertigung eines Nachschlüssels, dem Austausch des Transponders gegen ein nutzloses Plastikteil und dem neuerlichen Aufsuchen der bewachten Discothek-Garderobe zwecks unauffälliger Schlüsselrückgabe in die Jackentasche des Zeugen N hätte haben sollen.
Die erstmals mit der Berufung aufgestellte Behauptung, die Polizei habe in der Vergangenheit eine Fahrzeug-Diebesbande gefaßt, a...