Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 21 O 123/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.02.2020 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "A" wie folgt zu werben und/oder werben zu lassen:
1. "Schnelle Wundheilung",
jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K3, K4 und K5 wiedergegeben;
2. "Schnell. Effektiv. Für alle Wunden im Alltag.",
sofern dies geschieht wie in Anlage K17 wiedergegeben.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 EUR abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Der in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände nach § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingetragene Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in C. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Überwachung der Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Zu seinen (unmittelbaren oder mittelbaren) Mitgliedern gehören u.a. zahlreiche Ärzte und Apotheker sowie diverse Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller (Übersicht Blatt 6-7 der Gerichtsakte sowie Mitgliederliste Blatt 52-112 der Gerichtsakte).
Die Beklagte stellt Arzneimittel und Medizinprodukte her. Zu ihrem Sortiment an Medizinprodukten gehört seit mehreren Jahren ein hydroaktives Lipogel mit Zink und Eisen zur Behandlung akuter und chronischer Wunden, das sie ursprünglich - jedenfalls bis 2014 - unter der Produktbezeichnung "B* Wund- und Heilgel" vertrieb und derzeit - jedenfalls seit 2018 - unter der Produktbezeichnung "A* SCHNELLE WUNDHEILUNG" vertreibt.
In den Monaten Juni und Juli 2014 führte die "E Institut für Angewandte Dermatologische Forschung GmbH" mit Sitz in D eine von der Beklagten als "Sponsorin" unterstützte klinische Studie zu den Wundheilungseigenschaften des streitgegenständlichen, damals noch unter der Produktbezeichnung "B* Wund- und Heilgel" vertriebenen Produktes durch (englischsprachige Fassung des klinischen Studienberichts [auszugsweise]: Blatt 167-174 der Gerichtsakte; deutschsprachige Fassung des klinischen Studienberichts [auszugsweise]: Blatt 175-189 der Gerichtsakte; englischsprachige Veröffentlichung zu den Studienergebnissen in Aufsatzform: Blatt 300-308 sowie Blatt 386-394 der Gerichtsakte; deutschsprachige Veröffentlichung zu den Studienergebnissen in Aufsatzform: Blatt 313-333 sowie Blatt 395-415 der Gerichtsakte). Im Rahmen dieser randomisierten, beobachterverblindeten Studie mit intraindividuellem Vergleich wurden den Probanden mittels einer autoklavierten Handbürste an den Unterarmen jeweils drei standardisierte oberflächlich-abrasive Schürfwunden mit einem Durchmesser von jeweils ca. 1,0 cm beigebracht. Die jeweils erste Wunde wurde mit dem streitgegenständlichen Produkt behandelt, die jeweils zweite Wunde wurde lediglich durch eine schlichte Pflasterabdeckung behandelt, die jeweils dritte Wunde wurde mit dem (marktführenden) Konkurrenzprodukt "F Wund- und Heilsalbe" behandelt. Nach 15 Tagen waren die mit dem streitgegenständlichen Produkt behandelten Wunden vollständig verschlossen, die mit dem Konkurrenzprodukt behandelten Wunden waren nahezu verschlossen (verbleibende mittlere offene Wundfläche: 0,003 cm2), die lediglich mit einer schlichten Pflasterabdeckung behandelten Wunden wiesen hingegen eine verbleibende mittlere offene Wundfläche von 0,075 cm2 auf (vgl. hierzu die Ergebniszusammenfassung auf Seite 8 der deutschsprachigen Fassung des klinischen Studienberichts [=Blatt 180 der Gerichtsakte]). Zudem wiesen die mit dem streitgegenständlichen Produkt behandelten Wunden zwischen dem dritten und dem achten Tag nach der Beibringung der Wunden im Vergleich zu den lediglich mit einer Pflasterabdeckung behandelten Wunden eine deutlich höhere Geschwindigkeit bei der Verringerung der verbleibenden offenen Wundfläche auf (vgl. hierzu das Liniendiagramm [Kurvenschar] links oben auf Blatt 391 der Gerichtsakte). Sonstige Studien zu den Wundheilungseigenschaften des streitgegenständlichen Produktes e...