Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Beginn der Widerrufsfrist durch Zugang der Vorabbelehrung
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen 6 O 134/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 28.10.2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Siegen abgeändert.
I. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es zu unterlassen, auf der Handelsplattform F im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz Angebote von Waren aus dem Sortiment Garten- und Heimwerkerartikel zu veröffentlichen oder zu unterhalten,
1. und dabei bei den nach § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB InfoV erforderlichen Informationen (nämlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, ggü. dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen) a) nicht darüber zu informieren, dass die gesetzliche Frist zur Ausübung des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform und der Ware beginnt,
b) auf eine bestehende Wertersatzpflicht des Käufers hinzuweisen, die eine Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme auch nicht für den Fall ausnimmt, dass bei Abschluss des Vertrages noch keine Belehrung des Käufers über die Wertersatzpflicht in Textform vorliegt,
2. ohne für das gesamte Versandgebiet anzugeben, in welcher Höhe Versandkosten anfallen und nur für den Fall, dass die Angabe dieser Kosten nicht möglich ist, die näheren Einzelheiten der Berechnung anzugeben, aufgrund derer der Käufer die Höhe leicht errechnen kann, wenn dies in den Fällen des Antrags zu I.1a und b und 2. geschieht, wie im Verkaufsangebot vom 30.8.2008 unter der Artikelnummer 170256878120,
II. der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. Die Ordnungshaft ist zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien handeln mit Garten- und Terrassenartikeln, die sie auch über die Handelsplattform F vertreiben.
Am 30.8.2008 bot die Antragsgegnerin über F einen Faltpavillon an. Dabei verwandte sie eine Widerrufsbelehrung, die dem Muster zu § 14 BGB-InfoV in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung entsprach. Die Antragsgegnerin, die einen weltweiten Versand anbot, teilte die Versandkosten lediglich für Deutschland und 13 europäische Länder mit (vgl. Fotokopien des entsprechenden Angebots Bl. 13 ff. d.A.).
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin ab und beanstandete, dass in der Widerrufsbelehrung nicht darüber informiert wurde, dass die Frist zum Widerruf nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform und nicht vor Erhalt der Ware beginne und dass eine Wertersatzpflicht für eine Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht bestehe, wenn nicht bis zum Abschluss des Vertrages die Belehrung über die Wertersatzverpflichtung in Textform erfolge. Außerdem hat der Antragsteller die Angaben zu den Versandkosten beanstandet.
Der Antragsteller hat gemeint, ihm stehe ein Verfügungsanspruch gem. den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG zu. Die Widerrufsbelehrung entspreche nicht den §§ 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV. Die unzureichende Angabe der Versandkosten verstoße gegen § 1 Abs. 2 PAngV und § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV.
Das LG hat das Verfügungsbegehren des Antragstellers durch Urteil vom 28.10.2008 entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin als unbegründet zurückgewiesen.
Zwar verstoße die Widerrufsbelehrung gegen gesetzliche Vorschriften, die auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die von der Antragsgegnerin erteilte Belehrung entspreche aber dem Muster der Belehrung zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung, dessen weitere Benutzung bis zum 30.9.2008 vom Gesetzgeber zugelassen worden sei. Daraus könne man nur schlussfolgern, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass die in dem alten Muster enthaltenen Ungenauigkeiten in der Belehrung nicht geeignet seien, den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sich die Übergangsvorschrift nur auf Widerrufsbelehrungen in Textform beziehe.
Zudem fehle die erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Antragsgegnerin habe sich an das gesetzliche Muster gehalten und glaubhaft angekündigt, ab dem 1.10.2008 das neue gesetzliche Muster verwenden zu wollen.
Das LG hat auch im Hinblick auf die Versandkosten Gesetzesverstöße bejaht. Es hat einen Verfügungsanspruch des Antragstellers aber abgelehnt, weil von einem Bagatellverstoß auszugehen sei.
Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 104 ff. der Akten verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller form- und fristgerecht Berufung eingelegt...