Leitsatz (amtlich)
Eine kostenintensive Zahnbehandlung (Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durch Eigenknochenzüchtung) muss nicht bezahlt werden, wenn sich der Patient im Falle seiner ordnungsgemäßen Aufklärung über andere Behandlungsmöglichkeiten (Knochenaufbau durch Verwendung von Knochenersatzmittel oder Knochenentnahme aus dem Beckenkamm) gegen die kostenintensive Behandlung ausgesprochen hätte.
Normenkette
BGB §§ 280, 611
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 14.01.2013; Aktenzeichen 1 O 108/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.1.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer I des LG Detmold wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Abrechnungsservice Honoraransprüche für eine zahnärztliche bzw. kieferchirurgische Behandlung durch den Zahnarzt Dr. Dr. M aus I geltend.
Die Beklagte befand sich von September 2007 bis Juni 2008 in zahnärztlicher Behandlung bei dem Zahnarzt Dr. Dr. M, der eine Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durchführte. Der Aufbau der Ober- und Unterkieferknochen sollte durch gezüchtetes Knochenmaterial erfolgen. Die Beklagte unterzeichnete unter zwischen den Parteien streitigen Umständen entsprechende Heil- und Kostenpläne sowie Einverständniserklärungen. Mit Rechnung vom 2.11.2007 verlangte der Zahnarzt eine Vergütung i.H.v. 19.277,20 EUR für die vom 14.9.2007 bis zum 24.10.2007 erbrachten Leistungen, wovon insgesamt 15.000 EUR auf die Kosten für die Eigenknochenzüchtung entfielen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechnungsbetrages wird auf die Kopie der Rechnung, Bl. 13 d.A., verwiesen. Die Beklagte zahlte darauf in sechs Teilbeträgen jeweils 610 EUR, insgesamt 3.660 EUR, so dass noch ein Betrag in Höhe der streitgegenständlichen Hauptforderung von 15.617,20 EUR offen ist. Die bisher in Rechnung gestellten Behandlungskosten belaufen sich auf ca. 42.000 EUR insgesamt. Die Beklagte stellte am 21.12.2008 beim LG Hannover einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen den Behandler Dr. Dr. M. In diesem Verfahren - 14 OH 1/09 LG Hannover - erstellte der Sachverständige Prof. Dr. K ein schriftliches Gutachten nebst Ergänzungsgutachten.
Die Beklagte hat behauptet, über die anfallenden Kosten i.H.v. 90.000 EUR niemals aufgeklärt worden zu sein. Wäre sie darüber informiert worden, hätte sie der Behandlung niemals zugestimmt. Die Maßnahmen hätten auch zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt und seien unbrauchbar, weil sämtliche Implantate nach kurzer Zeit herausgefallen seien.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil dem Anspruch der Klägerin ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in mindestens der gleichen Höhe gegenüberstehe. Nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens sei das von dem Behandler gewählte Verfahren zum Knochenaufbau ungeeignet. Diesen Feststellungen sei die Klägerin nicht entgegengetreten. Wegen der getroffenen Feststellungen wird im Übrigen auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, die Beklagte sei über die ungefähren Gesamtkosten frühzeitig informiert worden. Die Beklagte habe vor der ersten Behandlung am 24.9.2007 die der Rechnung zugrunde liegende Kostenvereinbarung unterzeichnet. Das LG habe zwar das selbständige Beweisverfahren beigezogen, den Inhalt dieses Verfahrens jedoch fehlerhaft nur teilweise berücksichtigt, insbesondere die in dem Verfahren vorgebrachten Einwendungen unberücksichtigt gelassen. Der Sachverständige habe einräumen müssen, dass es weder eine Kontraindikation gegeben habe, noch, dass das gewählte Verfahren ungeeignet gewesen sei. Der Beklagten sei die alternative Methode der Entnahme von Knochenmaterial aus dem Beckenkamm erläutert worden. Ihr sei die Notwendigkeit einer beidseitigen Operation mit entsprechend langfristiger Heilungsdauer erklärt worden, so dass sie sich für die vom Behandler vorgeschlagene Methode entschieden habe. Das Verfahren sei auch schon seit langem erprobt. Entgegen der Annahme des Sachverständigen sei eine völlig reizlose und entzündungsfreie Situation im Mundraum für das Einbringen der Implantate nicht zwingend erforderlich gewesen. Im Übrigen sei die Feststellung des Sachverständigen, es habe eine Entzündung vorgelegen, nicht belegt. Der Sachverständige habe die Ursache für die Heilungsstörungen und den Verlust der Implantate nicht festgestellt. Das gewählte Verfahren der Eigenknochenzüchtung sei jedenfalls nicht dafür ursächlich gewesen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 1.7.2014 hat die Klägerin vorgetragen, die Forderung sei mit dem Einverständnis der Beklagten am 1.11.2007 formlos aufgrund einer Rahmenvereinbarung zwischen ihr und dem Behandler abgetreten worden.
Die Klägerin beantragt abändern...