Leitsatz (amtlich)
1. Verfügungen, die im Wechselbezug stehen, müssen nicht zwingend zeitgleich in einer einheitlichen Urkunde getroffen werden. Sie können auch nacheinander in getrennnten Urkunden niedergelegt werden. Allerdings muss in diesem Fall ein entsprechender Verknüpfungswille feststellbar sein, der sich aus den Urkunden zumindest andeutungsweise ergeben muss.
2. Auch ein langer Zeitraum von fast 40 Jahren, der zwischen den beiden Testamenten liegt, spricht nach den Gesamtumständen nicht entscheidend gegen die Annahme eines Verküpfungswillens der Eheleute. Anhaltspunkte für eine nachträgliche Verknüpfung können sich etwa auch aus einer inhaltlichen Bezugnahme und einer gemeinsamen Verwahrung der Testamente ergeben.
3. Die Feststellung eines lebzeitigen Eigeninteresses erfordert eine umfassende Abwägung der Interessen im Einzelfall. Es kann fehlen, wenn der Erblassser Zuwendungen erheblicher Vermögenswerte in erster Linie auf Grund eines auf Korrektur der Verfügung von Todes wegen gerichteten Sinneswandels vornimmt.
Normenkette
BGB § 2287 Abs. 1, § 2270 Abs. 1, § 2271
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 3 O 103/14) |
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, folgende Ansprüche, Fondsbeteiligungen, Genussrechte, Lebensversicherungen, Gesellschaftsbeteiligungen an den Kläger abzutreten bzw. zu übertragen:
1. Die aufgrund des Abtretungsvertrages zwischen der Beklagten und dem verstorbenen I2 vom 16./18.01.2014 an die Beklagten abgetretenen Ansprüche gegen die Dr. B und Co. GmbH aus dem zwischen dem verstorbenen I2 und der Dr. B und Co. GmbH geschlossenen Exklusiv-Vertriebsvertrag bezüglich der "Ausziehhilfe für Strümpfe",
2. Beteiligung Fondsimmobilie W S (Nennbetrag 10.000,- EUR),
3. Beteiligung Immobilienfonds Brüssel mit staatlichem Mieter "Bundespolizei" bei O, T x-x, ##### I3, mit einem Anlagebetrag von 30.000,00 EUR,
4. Inhaber-Teilvollschuldverschreibungen der Serie F Zins Plus ###6 Aktiengesellschaft, H, #####1 H, ISIN DE###A1EWF## mit einem Anlagebetrag von 30.000,00 EUR sowie F wie vor, Zins ###0, ISIN DE###A1KOMRO mit einem Anlagebetrag von ebenfalls 30.000,00 EUR mit Zeichnungsdatum 16.03.2011 bzw. 12.10.2011,
5. Genussrechte an Q regenerative Energien mit einem Nennbetrag von 50.000,- EUR, abgeschlossen am 16.07.2010,
6. Fondsanteil an der im Handelsregister Berlin unter HRA ##### eingetragenen Kommanditbeteiligung bei T-Straße ##-## K.u.K. Grundverwaltungs-GmbH & Co. KG, c/o B, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, H2str.## A, ##### C mit einem Nennbetrag von 25.564,59 EUR,
7. Beteiligung an der I Globalinvest ##-I H2 Immobilien GmbH & Co. KG P KG, c/o I GmbH mit einem Zeichnungsbetrag von 45.000,00 EUR,
8. Lebensversicherungen bei F2 Versicherung mit Versicherungssummen von 1101,37 EUR sowie 1224,43 EUR.
II. Die Beklagte wird verurteilt, über die unter Klageantrag zu I, Ziffern 2.,5. und 8. aufgeführten Beteiligungen die genaue Anschrift des jeweiligen Beteiligungsunternehmens (Name und vollständige Anschrift) sowie Bearbeitungs- oder Versicherungsnummern dem Kläger mitzuteilen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.543,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2015 zu zahlen.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen.
V. Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis im Termin vor dem Landgericht Hagen vom 03.12.2014. Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 330.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist das einzige Kind seines am ##.##.19## geborenen und am ##.##.20## verstorbenen Vaters I2. Die im Jahr 19## geborene Mutter des Klägers und Ehefrau des Erblassers, L I2, ist im Jahr 20## vorverstorben.
Mit notarieller Urkunde vom 18.07.19## (UR-Nr.###/19## des Notars C2 in F3) errichteten die Eltern des zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alten Klägers ein gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt:
I. Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
II. Der Überlebende von uns kann über das Ererbte und sein eigenes Vermögen frei testieren. Wenn er keine Verfügungen von Todeswegen trifft, soll Erbe sein unser einziger Sohn X I2. Ersatzerbe unseres Sohnes X, falls er vor oder gleichzeitig mit uns versterben sollte und keine letztwillige Verfügung mehr treffen kann, soll sein: Das Institut für Krebsforschung an der Universität in Köln.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Original der Urkunde, Bl. 22 f. der beigezogenen Akte Amtsgericht T2, 79 IV ###/00, Bezug genommen.
Am 18.10.2000 ließen die Eltern des mittlerweile als Rechtsanwalt und Notar tätigen Klägers von dessen Sozius, Notar N in H3 (UR-Nr.###/2000), auf der Grundlage eines vom Kläger erarbeiteten Entwurfs eine weitere letztwillige Verfügung mit folge...