Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwendungspflicht des § 1 Abs. 1 GSB gilt nicht im eröffneten Insolvenzverfahren; vielmehr endet oder ruht sie mit der Eröffnung. Der Baugläubiger ist einfacher Insolvenzgläubiger.
2. Rechtshandlungen, die Baugeld betreffen, können deshalb die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger benachteiligen.
Normenkette
GSB § 1; InsO §§ 35, 129
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 31.03.2006; Aktenzeichen 7 O 108/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.3.2006 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Bochum teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.579,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.3.2005 zu zahlen.
Wegen der weitergehenden Zinsforderung bleibt die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf den am 26.7.2004 beim AG Bochum eingegangenen Antrag am 15.3.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der C GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin), die als Bauträgerin für eine Vielzahl von Erwerbern Reihenhäuser in der G-Straße in H errichtete. Die Insolvenzschuldnerin schloss für dieses Bauvorhaben mit der Beklagten Werkverträge über Boden- und Baumüllentsorgung und die Lieferung und den Einbau von Schotter. Wegen ihrer hieraus resultierenden Werklohnforderungen erlangte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid gegen die Insolvenzschuldnerin, auf dessen Grundlage die Beklagte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezüglich des Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin bei der Sparkasse C2 - dieser zugestellt am 26.6.2004 - erwirkte. Die Sparkasse zahlte hierauf am 5.7.2004 3.473,01 EUR und am 6.10.2004 weitere 8.107,84 EUR an die Beklagte. Die Rückzahlung dieser Beträge macht der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung geltend.
Die Beklagte behauptet, es habe sich bei dem ausgezahlten Guthaben auf dem Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin um Baugeld i.S.d. § 1 des Gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen (GSB) gehandelt, das - so meint sie - ihr als Baugläubigerin zugestanden habe. Deshalb fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung durch Zahlung der Beträge an sie.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im Einzelnen und der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Zahlung von Baugeld an einen Baugläubiger stelle keine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit dar, sondern nur eine Benachteiligung der übrigen Baugläubiger, was aber kein Anfechtungsgrund sei. Der für eine Gläubigerbenachteiligung darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe nicht dargelegt, dass es sich nicht um Baugelder i.S.v. § 1 Abs. 3 GSB gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Beklagte begehrt dagegen Zurückweisung der Berufung.
Wegen des ergänzenden Sachvortrags zweiter Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
B. Die zulässige Berufung ist auch im Wesentlichen begründet. Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung begründet (I.). Lediglich ein Teil der Zinsforderung ist unbegründet (II.).
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 11.580,85 EUR (der Kläger macht jedoch nur 11.579,85 EUR geltend; auf diesen Betrag ist die Verurteilung deshalb gem. § 308 Abs. 1 ZPO beschränkt) gem. §§ 143 Abs. 1 S. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
1. Die Forderungspfändung der Beklagten und die hierauf von der Sparkasse C2 an die Beklagte geleisteten Zahlungen waren Rechtshandlungen, die die Insolvenzgläubiger der Insolvenzschuldnerin benachteiligten, § 129 Abs. 1 InsO. Denn ohne die Pfändung und die Auszahlungen aus dem Kontoguthaben der Insolvenzschuldnerin hätten diese Beträge bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Verteilung an alle Insolvenzgläubiger zur Verfügung gestanden; deren Quote ist nunmehr gemindert.
a) Entgegen der Ansicht der Berufung reicht es zur Darlegung einer Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO allerdings nicht aus, dass der Empfänger Leistungen erhalten hat. Vielmehr muss der Insolvenzverwalter auch darlegen und notfalls beweisen, inwieweit die weggegebenen Vermögenswerte zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung gestanden hätten. Er muss deshalb etwa das Bestehen von Aussonderungsrechten zugunsten des Empfängers ausräumen. Zutreffend ist daher die Ansicht des LG, dass der Kläger - obwohl es ihm oblag, wenn hiervon eine Gläubigerbenachteiligung abhing (dazu sogle...