Leitsatz (amtlich)
1. Baugeldempfänger tragen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und wie sie Baugeld i.S.d. § 1 Abs. 1 GSB zweckentsprechend verwandt haben.
2. Geschützt sind Baugläubiger, deren Leistung einen unmittelbaren Beitrag zur Herstellung des Baus leisten, der sich in aller Regel in einer Werterhöhung zeigt.
3. Von bedingtem Vorsatz ist in aller Regel auszugehen, wenn der Empfänger von Geldern für die Errichtung eines Baus wusste, dass die empfangenen Gelder Fremdmittel sind, die grundpfandrechtlich auf dem zu bebauenden Grundstück abgesichert sind und die Verletzung der Verwendungspflicht billigend in Kauf genommen hat.
4. Größere Bauvorhaben werden regelmäßig durch grundpfandrechtlich abgesicherte Fremdmittel finanziert.
5. Bedingter Vorsatz bezüglich der Baugeldeigenschaft liegt bereits vor, wenn der Baugeldempfänger sich keine Kenntnis dazu verschafft, woher die Mittel kommen, sondern insofern gleichgültig bleibt.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 18 O 324/03) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 5.11.2003 (Az.: 18 O 324/03) abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 19.080,64 Euro nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit dem 31.5.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 5/9, die Beklagten als Gesamtschuldner 4/9.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 45.565,56 Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen angeblich zweckwidrig verwendeter Baugelder durch die inzwischen in Insolvenz gefallene Firma, deren Geschäftsführer die Beklagten waren.
Die Firma (im Weiteren: Fa.) hatte es übernommen, für die Firma (im Weiteren: Fa.) ein schlüsselfertiges Bürogebäude, das von der Firma in angemietet werden sollte, zu errichten. Die Klägerin wurde durch Nachunternehmervertrag vom 21.8.2001 als Subunternehmerin für die Herstellung des Industriebodens sowie der Estricharbeiten beauftragt. Aus ihrer Schlussrechnung an die Fa. wurde der Klagbetrag i.H.v. 45.565,56 Euro nicht beglichen.
Die Klägerin hat insoweit aus einer von ihr abgeschlossenen Kreditversicherung Zahlungen i.H.v. 26.484,52 Euro erhalten.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass Zahlungen der Firma an die Firma i.H.v. 5.938.347,41 Euro (netto) nicht allein an die am Bauwerk tätigen Handwerker ausbezahlt worden seien, sondern auch an andere Beteiligte, die jedoch zur Bauwerkserrichtung nicht beigetragen hätten. Darüber hinaus habe sich die Firma in einem außergerichtlichen Vergleich vom 22.11.2002 zur Zahlung des offenen Klagbetrags verpflichtet. Ein entsprechender Wechsel sei am 1.4.2003 zu Protest gegangen. Die Beklagten sollen davon gewusst haben, dass die Baugelder i.S.d. § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Sicherung von Baugeldforderungen (im Weiteren: GSB) zweckwidrig verwendet worden seien.
Wegen des Weiteren Vorbringens erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat einen entsprechenden Vorsatz der Beklagten als Geschäftsführer der Vertragspartnerin der Klägerin, wie er für § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 GSB erforderlich sei, nicht für nachgewiesen erachtet. Ein bedingter Vorsatz sei nicht festzustellen. Es sei nicht ersichtlich, dass die zweckwidrige Verwendung von Baugeldern von den Beklagten erkannt worden sei. Auch aus einem zwischen der Firma und der Klägerin geschlossenen Vergleich ergebe sich eine Haftung der Beklagten nicht. Eine entsprechende Schuldübernahmeerklärung sei dem Vergleichsabschluss nicht zu entnehmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der vorgenannten Entscheidung verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Klagantrag weiter.
Sie ist der Ansicht, dass das Gericht die Beweiswürdigung unzutreffend vorgenommen habe. Insbesondere habe es die Anforderungen an den bedingten Vorsatz der Geschäftsführer der insolventen Fa. zu hoch angesetzt. Die Entscheidung des BGH BauR 2002, 620 sei zwar zitiert worden, jedoch nicht in vollem Umfang umgesetzt. Insbesondere sei davon auszugehen, dass den Beklagten als Geschäftsführer der alteingesessenen Bauunternehmerin und auch aufgrund eines weiteren Bauvorhabens mit der Fa. ... klar sein musste, dass die Finanzierung eines entsprechenden Leistungsvolumens aus Fremdmitteln geschehe und Kredite grundpfandrechtlich abgesichert sein würden. Dies sei auch der entsprechenden Vereinbarung über Zahlungen nach Baufortschritt zu entnehmen. Die zweckwidrige Verwendung des Baugelds sei dar...