Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendbarkeit der Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) im Rahmen der gerichtlichen Schätzung der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr bei einfachen, qualitativ nicht mit professionell angefertigten Lichtbildern vergleichbaren Produktfotos.
Normenkette
UrhG §§ 72, 97 Abs. 2; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 06.06.2013; Aktenzeichen 8 O 280/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6.6.2013 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Bochum - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.268,97 EUR sowie weitere 459,40 EUR, jeweils nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2010, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage des Beklagten wird festgestellt, dass der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Bildes "Autogas Silver LPG Zünd-kerze" zusteht.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 73 % und der Beklagte 27 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 60 % und dem Beklagten zu 40 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin, die unter der Internetdomain www.I.de bundesweit Bauteile für die Umrüstung von Fahrzeugen auf Liquefied Petroleum Gas (LPG)-Antrieb vertreibt, hat den Beklagten, der seinerseits als Mitbewerber über seine Internetdomain www.J-.de sowie über eBay. de Einzelteile für die LPG-Umrüstung anbietet, erstinstanzlich auf Schadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung von 45 Lichtbildern i.H.v. 19.050 EUR nebst Zinsen sowie auf Ausgleichung vorgerichtlicher, durch eine Abmahnung vom 23.4.2010 entstandener Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.023,16 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Mit seiner Widerklage hat der Beklagte Feststellung begehrt, dass der Klägerin gegen ihn kein Anspruch auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung eines näher bezeichneten Lichtbildes zustehe.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil vom 6.6.2013 Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG - nach Einholung schriftlicher Gutachten des Sachverständigen X vom 16.07. und 11.11.2011 sowie 01.02. und 13.12.2012 - der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 13.172,42 EUR sowie weitere 755,80 EUR, jeweils nebst Zinsen seit dem 5.8.2010, zu zahlen. Der Widerklage hat das LG stattgegeben.
Zur Begründung hat das LG - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe gem. § 97 Abs. 2 UrhG im ausgeurteilten Umfang ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz für die unberechtigte Verwendung von Produktlichtbildern durch den Beklagten zu. Denn der Beklagte habe unberechtigt 44 Lichtbilder von LPG-Teilen, an denen der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte zugestanden hätten, öffentlich im Internet zugänglich gemacht, um seine, des Beklagten, Produkte zu bewerben. Die Lichtbilder würden gem. § 72 UrhG unabhängig von ihrer Schaffenshöhe urheberrechtlichen Schutz genießen. Es stehe auch nach durchgeführter Beweisaufnahme fest, dass der Klägerin an 44 Lichtbildern die ausschließlichen Nutzungsrechte zugestanden hätten. Der Sachverständige X habe in seinem Gutachten nachvollziehbar festgestellt, dass die von der Klägerin vorgelegten Bilddateien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Originaldateien der sowohl von der Klägerin als auch dem Beklagten genutzten Lichtbilder seien. Der Sachverständige X habe seiner Begutachtung nicht nur eine Analyse der Metadaten der Bilder zugrunde gelegt, sondern überdies auch den Frequenzgehalt der Bilder untersucht. Lediglich hinsichtlich einer der von der Klägerin vorgelegten Bilddateien sei der Sachverständige zu der Feststellung gelangt, dass es sich um kein Original handele. Es sei auch davon auszugehen, dass der Zeuge L, der Prokurist der Klägerin, dieser die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Bildern eingeräumt habe. Zwar habe der Beklagte die diesbezügliche Behauptung der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten sei indessen nicht ausreichend, nachdem die Klägerin ihrerseits die Originaldateien der vom Zeugen L erstellten Lichtbilder vorgelegt habe und der Zeuge in verantwortlicher Position bei der Klägerin tätig sei. Es seien vor diesem Hintergrund keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es zu keiner Rechteübertragung gekommen sei. Soweit der Beklagte seinerseits Nutzungsrechte an den Lichtbildern aufgrund eines Telefonats mit dem Zeugen L behaupte, sei sein Vortrag unsubstantiiert. Denn der Beklagte habe weder vorgetragen, wann das behauptete Telefonat stattgefunden habe, noch welchen konkreten Inhalt das Telefonat gehabt habe. In seiner persönlichen An...