Leitsatz (amtlich)
Die Werbung mit "made in Germany" versteht der angesprochene Verkehr dahin, dass die so beworbene Ware in Deutschland hergestellt worden ist. Auch die Bezeichnung "Deutsche Markenware" kann der Verbraucher in diesem Sinne auffassen.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 25.07.2013; Aktenzeichen 12 O 9/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.7.2013 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Bielefeld wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erstinstanzliche Tenor zu Ziff. 1c) ergänzt wird um den Zusatz "wie geschehen im Onlineshop der Beklagten zu 1) (Anlagen K 14, K 15, K 16, Bl. 37 - 39 d.A.)".
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Der Kläger ist eine Interessengemeinschaft von Unternehmen, die in Deutschland Kondome herstellen und vertreiben. Mitglieder des Klägers sind die N GmbH, die S GmbH, die W Produktions- und Vertriebs GmbH sowie die R Gummiwarenfabrik GmbH (im Folgenden: R GmbH). Diese Gesellschaften vertreiben die von ihnen in Deutschland produzierten Kondome auf dem deutschen Markt. Sie decken mit ihren Produkten etwa 90 % der in Deutschland verkauften Kondome ab. Der Kläger wacht gem. Ziff. 2.1 3. Spiegelstrich seiner Satzung in der Fassung vom 8.12.2011 (Anlage K 1) über die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, insbesondere der Mitglieder untereinander, wie auch im allgemeinen unter allen Anbietern auf dem deutschen Kondommarkt; gegen ihm bekanntgewordene Verstöße geht er vor.
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, betreibt über ihren Online-Shop einen Versandhandel mit Erotikartikeln. Sie bewirbt und verkauft auch Kondome der Firma B Gummiwaren GmbH (im Folgenden: B GmbH).
Diese Gesellschaft bewarb die von ihr vertriebenen Kondome auf ihrer Homepage www.B.ag mit "KONDOME - made in Germany". Im Jahre 2012 beanstandete die R GmbH diese Werbung als irreführend, und zwar mit der Begründung, die Kondome würden entgegen der Werbeaussage nicht in Deutschland produziert.
Die Herstellung von Kondomen verläuft üblicherweise in 7 Produktionsschritten:
1. Eintauchen einer geeigneten Form in speziell aufbereitetes flüssiges Naturkautschuklatex,
2. Trocknen (Vulkanisieren) des nach dem Austauschen der Form anhaftenden flüssigen Gummifilms,
3. Abziehen des durch Vulkanisation verfestigten Gummifilms von der Form,
4. Waschen des Produktes, Beschichten der Oberfläche mit Puder etc.,
5. Trocknen des gewaschenen Produktes,
6. elektrische Einzelprüfung auf Dichtheit,
7. Aufrollen des Kondoms zum Abschluss der Herstellung.
Die B GmbH bezog und bezieht aus dem Naturprodukt Latex bestehende sog. Rohlinge, die auch als "Bulk-Ware" bezeichnet wird, aus Asien, z.B. aus Malaysia.
Nach Wareneingangsprüfung im Werk der B GmbH werden diese Rohlinge, sofern sie anders als die sog. "trockenen Kondome" als sog. "feuchte Kondome" vertrieben werden sollen, befeuchtet. Die Produkte werden in eine Folie eingeschweißt und die entsprechenden Kennzeichnungen (u.a. Chargennummer, Verfallsdatum und CE-Zeichen) auf dieser Folie aufgebracht. Eine oder mehrere dieser Einzelpackungen werden mit einem Beipackzettel versehen in eine Faltschachtel aus Karton verpackt und die Verbraucherpackung sodann derart verschlossen, dass auf den Inhalt nicht mehr unberechtigt zugegriffen werden kann. Ferner erfolgt bei der B GmbH die Qualitätskontrolle entsprechend den deutschen Anforderungen, wobei alle in den normativen Anhängen der DIN ISO 4047 beschriebenen Prüfungen im dortigen Prüflabor stattfinden. Bei diesen stichprobenartigen Chargenprüfungen nach den Produktionsschritten Befeuchtung und Einsiegeln werden u.a. die Eigenschaften Reißfestigkeit und Dichtigkeit ermittelt.
Das LG Bielefeld untersagte der B GmbH mit Urteil vom 30.3.2012 (Az. 15 O 23/12) in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Werbung sowie den Vertrieb unter der Bezeichnung "KONDOME - Made in Germany", da diese irreführend i.S.d. § 5 UWG sei. Die hiergegen gerichtete Berufung wies der Senat mit Urteil vom 20.11.2012 zurück (Az. 4 U 95/12). Auch mit dem im Hauptsacheverfahren am 23.4.2013 verkündeten Urteil des LG Bielefeld (Az. 15 O 37/13) wurde es der B GmbH mit im Wesentlichen gleicher Begründung untersagt, die von ihr im geschäftlichen Verkehr angebotenen Kondome mit "KONDOME - Made in Germany" zu bewerben. Die hiergegen gerichtete Berufung wies der Senat ebenfalls zurück.
Die Beklagte zu 1. bot im Dezember 2012 in ihrem Online-Shop Kondome der B GmbH, die in der beschriebenen Weise hergestellt wurden, wie folgt zum Kauf an:
"Bestnote B Nature Kondome, 100er Pack
...
Made in Germany"
Wegen des weiteren Inhalts der Anzeige wird auf den zu den Akten gereichten Screenshot (Anla...