Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmiedekolben "Made in Germany"

 

Leitsatz (amtlich)

Die Werbung für einen Schmiedekolben mit "Made in Germany" ist nicht allein deshalb irreführend, weil der Schmiedevorgang, der den Schmiedekolben von einem Gusskolben unterscheidet, im Ausland stattfindet. Finden die Arbeitsschritte, durch die der Kolben als Endprodukt seine aus Verkehrssicht wesentlichen Eigenschaften erhält, in Deutschland statt und erfolgt hier auch die ganz überwiegende Wertschöpfung, ist die Angabe "Made in Germany" weder nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG noch nach § 127 MarkenG zu beanstanden.

 

Normenkette

UWG § 5 Abs. 1 Nr. 1; MarkenG § 127

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 08.08.2013; Aktenzeichen 14 O 38/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Bonn vom 8.8.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.8.2013 (14 O 38/12) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil und das des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin erhebt negative Feststellungsklage gegen die Beklagte wegen einer ihrer Ansicht nach ungerechtfertigten Abmahnung.

Beide Parteien vertreiben gewerbsmäßig Autoersatzteile, die Klägerin als Internet-Händlerin, die Beklagte als Herstellerin von Schmiedekolben. Ein Mitbewerber der Parteien und Kunde der Beklagten, Herr N, der im Mai 2011 gegenüber der Klägerin eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung wegen unrichtiger Werbung mit "Made in Germany" für einen aus Spanien importierten Kolben abgegeben hatte, bot am 6.6.2011 bei F in der Auktion 260xxxxxx829 einen von der Beklagten hergestellten Schmiedekolben Modell W 2,8L 2,9L, 3,0L, Saugmotor, an mit der Angabe: "Hersteller: X Made in Germany". Nachdem die Klägerin festgestellt hatte, dass der Rohling für diesen Kolben in Italien geschmiedet wird, nahm sie Herrn N aus dem Unterlassungsvertrag auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch, was dieser ablehnte. Wegen des Zahlungsbegehrens der Klägerin gegenüber ihrem Kunden Herrn N, das sie als unzulässige unlautere Geschäftshandlung nach §§ 3, 4 Nr. 7 und Nr. 10 UWG wertet, mahnte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 14.6.2011 ab. Der Abmahnung war eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, wegen deren Inhalt auf Bl. 34 GA Bezug genommen wird. Die Beklagte ist der Ansicht, sie verwende die Bezeichnung "Made in Germany" zu Recht, da sowohl die geistige Konstruktion als auch die für die Qualität entscheidende Präzisionsarbeit am Kolben in Deutschland stattfinde.

Die Klägerin, die ihrerseits die Abmahnung der Beklagten als unrechtmäßig erachtet, hat daraufhin das vorliegende Verfahren eingeleitet. Sie hat in erster Instanz sinngemäß Feststellung begehrt, dass der Beklagten die Unterlassungsansprüche nicht zustehen, die Gegenstand der der Abmahnung anliegenden Unterlassungserklärung sind. Der beworbene Schmiedekolben sei in Italien geschmiedet und mithin nicht in Deutschland hergestellt worden. Im Übrigen sei die Unterlassungserklärung, die sich auf alle Kolben der Beklagten beziehe, zu unbestimmt. Sie, die Klägerin, wisse nicht, ob die Beklagte auch Kolben produziere, auf die die Bezeichnung "Made in Germany" zutreffe, sie habe sich in ihrer Vertragsstrafe-Forderung auf den konkret beworbenen Kolben beschränkt.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der Schmiedeprozess bei der Herstellung eines Schmiedekolbens für jene Eigenschaften der Ware ausschlaggebend sei, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehe, hat das LG mit Urteil vom 8.8.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.8.2013 die Klage im Wesentlichen abgewiesen und lediglich festgestellt, dass die Beklagte keinen Zahlungsanspruch gegen die Klägerin i.H.v. 2.051 EUR wegen der Mahnkosten hat. Die Werbung für den Schmiedekolben mit "Made in Germany" beinhalte keine Täuschung nach § 5 UWG über die geographische Herkunft, da ca. 90 % des Produktionsschöpfungsprozesses - und damit mehr als für die aus Art. 24 der EWG-Verordnung Nr. 2913/92 des Rates (Zollkodex) folgende Indizwirkung erforderliche Quote - in Deutschland stattfindende. Zudem sei die Leistung, die für die Wertschätzung des angesprochenen Verkehrs im Vordergrund stehe, vorliegend weniger der in Italien geschmiedete Rohling als das hieraus in Deutschland gefertigte Endprodukt. Die Bezeichung "Schmiedekolben" beschreibe die Herstellungsart im Unterschied zum Gusskolben, nicht zunächst eine bestimmte Qualität. Die Beklagte habe folglich gegenüber der Klägerin Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche erheben dürfen. Hinsichtlich der Abmahnkosten sei der negativen Feststellungsklage dagegen stattzuge...

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