Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankentagegeldversicherung: Zum Anspruch auf Erhöhung des Tagessatzes bei einer Erhöhung des "Nettoeinkommens"

 

Leitsatz (amtlich)

Sehen die Versicherungsbedingungen der Krankentagegeldversicherung eines Selbständigen vor, dass bei einer Erhöhung des "Nettoeinkommens" ein Anspruch auf Erhöhung des Tagessatzes besteht (und stellen die Bedingungen für das "Nettoeinkommen" auf den Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate ab), dann reicht für eine solche Erhöhung des "Nettoeinkommens" nicht schon eine bloße Steigerung von Betriebskosten und/oder Abschreibungen.

Für diese Entscheidung bedarf es keiner weiteren Klärung des (in der Rechtsprechung nicht einheitlich verstandenen) Begriffs "Nettoeinkommen" in den Bedingungen einer Krankentagegeldversicherung.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 17.06.2015; Aktenzeichen 3 O 92/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.06.2015 verkündete Urteil der

3. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Krankentagegeldversicherungsvertrag auf Erhöhung der versicherten Krankentagegeldbeträge in Anspruch.

Die Beklagte verweigert eine solche Erhöhung, weil der Kläger eine bedingungsgemäße Erhöhung seines Nettoeinkommens nicht dargelegt habe.

Die seit dem 01.12.1991 bestehende Krankentagegeldversicherung umfasst die Tarife KT 8 (ab dem 8. Tag der Arbeitsunfähigkeit), KT 15 (ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit) und KT 22 (ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit). Ursprünglich war für den Kläger ein Krankentagegeld von insgesamt (also ab dem 22. Tag) 150,00 DM versichert, das bis zum Jahr 2002 auf insgesamt 127,82 Euro (250,00 DM) erhöht wurde. Aufgrund von Steigerungen der Betriebsergebnisse des vom Kläger geführten Transport- und Bauunternehmens in den Jahren 2002 und 2005 wurde das Krankentagegeld im Jahr 2003 auf insgesamt 160,00 Euro und im Jahr 2006 auf insgesamt 215,00 Euro erhöht, wobei sich die Erhöhung im Jahr 2006 auf einen Vergleich des jeweiligen betrieblichen Erlöses ohne Berücksichtigung von Einkauf und Abschreibungen stützte (vgl. Schreiben der Beklagten vom 07.02.2012, Anlage K 14, GA 269).

Mit Antrag vom 03.01.2014 machte der Kläger eine weitere Erhöhung seiner betrieblichen Einkünfte im Jahr 2013 gegenüber den Vorjahren geltend und verlangte eine entsprechende Erhöhung der Krankentagegelder.

Dazu heißt es in § 4 der dem Vertrag zugrundeliegenden MB/KT 2009:

1 (...)

2 Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus beruflicher Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht.

(...)

II.1. Erhöht sich das Nettoeinkommen aus der beruflichen Tätigkeit, so kann das Krankentagegeld im Verhältnis der Steigerung des Nettoeinkommens auf Antrag höher versichert werden. (...)

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Erhöhung der Krankentagegelder nach Einholung diverser Auskünfte des Klägers mit Schreiben vom 16.06.2014 ab und verwies darauf, dass die versicherten Tagegelder Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 77.400,00 Euro jährlich entsprächen. Demgegenüber habe der Kläger eine Erhöhung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht dargetan, vielmehr seien für 2012 und 2013 niedrige Einkünfte anzunehmen (Anlage K 6, GA 31).

Der Kläger war seit Anfang 2011 bis über das Jahr 2013 hinaus - mit allenfalls kürzeren Unterbrechungen - durchgehend krank.

Mit der Klageschrift hat sich der Kläger zunächst auf den Standpunkt gestellt, es komme für die Ermittlung des versicherten Einkommens auf den betrieblichen Rohertrag an, der im Vorjahr der AntragsteIlung erzielt wurde, also auf den Betrag des Ertrags nach Abzug der Kosten des Einkaufs und auch nach Abzug der Steuern, aber vor (ohne) Abzug von Betriebskosten (Personal, Miete u..ä.) und von Abschreibungen (Seite 10 f. der Klageschrift).

Betriebskosten und Abschreibungen seien nicht in Abzug zu bringen, weil die Betriebskosten in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten weiterliefen und deshalb von der Versicherung abzudecken seien und weil die Abschreibungen daneben keine realen Liquiditätsabflüsse darstellten.

Aus dem Vergleich eines behaupteten Rohertrags nach Steuern in Höhe von 362.686,43 Euro im Jahr 2013 mit dem von der Beklagten - zuletzt für das Jahr 2005 - zugrunde gelegten Jahreseinkommen von 77.400,00 Euro hat der Kläger so eine Einkommenssteigerung von 368,5 ...

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