Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Schadensersatzes bei fehlerhaften Fliesenlegearbeiten (Verfahrenskosten)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind die Parteien und Streitgegenstände eines selbständigen Beweisverfahrens mit denen des nachfolgenden Hauptsacheprozesses nur teilweise identisch, können die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozess nur anteilig zu berücksichtigen sein. Bei den zu berücksichtigenden Kosten ist weiter zwischen den Kosten, die bei der Kostenfestsetzung zum Hauptsacheprozess geltend zu machen sind, und den Kosten, die - als Schadensposition - im Hauptsacheprozess eingeklagt werden können, zu unterscheiden.

2. Ist ein Fliesenfußboden objektiv mangelhaft und machen sich Fliesen- und Estrichleger für den Mangel gegenseitig verantwortlich, kann die für einen Schadensersatzanspruch gem. § 13 Nr. 7 VOB/B an sich notwendige Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich sein, wenn der tatsächlich verantwortliche Fliesenleger seine Nachbesserungspflicht zunächst leugnet und eine Nachbesserungsbereitschaft erst nach der gerichtlichen Feststellung seiner Verantwortlichkeit erklärt.

3. Der für einen Mangel schadensersatzpflichtige Unternehmer kann auch für die Kosten gerichtlicher Verfahren haften, die der Bauherr aufgrund eines falschen Beweissicherungsgutachtens gegen einen anderen Bauunternehmer durchführt, welcher für den Mangel zunächst verantwortlich zu sein scheint.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 17.07.2003; Aktenzeichen 18 O 275/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers, wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 17.7.2003 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.691,13 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 9.8.2002 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 11 % und der Beklagte zu 89 %. Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hat der Beklagte ebenfalls zu 89 % zu tragen. 11 % ihrer außergerichtlichen Kosten trägt die Streithelferin selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beitreibbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Sachverhaltsdarstellung

Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Der Sachverhalt stellt sich nunmehr wie folgt dar:

1994 betrieben der Kläger und Herr S. ein Ingenieurbüro, der Beklagte unterhielt einen Meisterbetrieb für Fliesenlegerarbeiten. Im Laufe des Jahres errichtete der Kläger zusammen mit den Eheleuten S. das aus zwei zusammenstehenden Einfamilienhäusern bestehende Bauvorhaben L.-Straße l/2 in F. In beiden Häusern führte die Streithelferin des Klägers (im Folgenden: Streithelferin) die Estricharbeiten und der Beklagte die Keramikbodenbelagsarbeiten aus. Hierzu gab er ggü. dem Kläger unter dem 6.3.1994 ein Angebot ab (Anlage K 1), das der Kläger mit Schreiben vom 17.3.1994 (Anlage K 2) akzeptierte. Dem Auftrag lag die VOB/B zugrunde.

Beim Bauvorhaben des Klägers (L.-Straße 1) führte die Streithelferin die Estricharbeiten in der Zeit vom 4.5. bis zum 6.5.1994 aus. Gut 7 Wochen später, am 27.6.1994, begann der Beklagte mit den Oberbodenbelegsarbeiten. Er belegte den gesamten Fußboden im Erdgeschoss mit Terrakotta-Bodenfliesen und brachte dazugehörige Sockelfliesen an. Seine Arbeiten wurden am 14.9.1994 abgenommen.

Nach dem Einzug in die Bauvorhaben zeigten sich in allen drei Stockwerken beider Häuser, unabhängig davon, ob Keramik- oder, wie im Obergeschoss, Holzfußböden verlegt wurden, Randabsenkungen. Bei dem aus zwei Ebenen bestehenden Fliesenfußboden im Erdgeschoss des klägerischen Hauses traten diese Randabsenkungen verstärkt auf. Hier zeigten sich auch wellenförmige Erhöhungen und Vertiefungen in der Bodenfläche.

Die aufgetretenen Mängel rügten die Bauherren mit Schreiben vom 7.5.1996 (Bl. 26 d.BA 9 OH 41/96 LG Essen) zunächst ggü. der Streithelferin, die ihre Verpflichtung zur Nachbesserung leugnete. Sie stellte anheim, den Sachverhalt durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen, und vertrat hierbei die Auffassung, dass die Mängel auch auf die Arbeiten des Beklagten zurückzuführen sein könnten. Der Beklagte war ebenfalls nicht bereit, seine Verpflichtung zur Nachbesserung anzuerkennen.

Mit Schriftsatz vom 13.9.1996 leiteten der Kläger und die Eheleute S. ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Streithelferin und gegen den Beklagten ein (9 OH 41/96 LG Essen). Zur Begründung verwiesen sie auf die sichtbaren Mangelerscheinungen und ihre mögliche Verursachung durch sowohl die Streithelferin als auch den Beklagten.

In dem Verfahren vertrat der Beklagte (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 1.10.1996, Bl. 40 ff. d.BA 9 OH 41/96 LG Ess...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?