Leitsatz (amtlich)

1. Der sich aus dem Hineinfahren in ein Gewässer und nachfolgender Bergung des Fahrzeugs ergebende Gesamtvorgang stellt bei natürlicher Betrachtung ein einheitliches Schadensereignis dar, was nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass zwischen Hineinfahren und nachfolgender Bergung ein Tag verstreicht. Angesichts eines einheitlichen Geschehens ist die Selbstbeteiligung nur einmal abzuziehen.

2. Die Reichweite der Bindungswirkung eines Feststellungsurteils ist in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen (im Anschluss an BGH NJW 2008, 2716). Die Feststellung betreffend "sämtlichen weitergehenden materiellen aus dem Unfall vom 13.08.2005 resultierenden Schaden" ist eindeutig und lässt keinen Zweifel daran, dass jeglicher materieller Schaden ohne Einschränkung zu ersetzen ist.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 07.06.2011; Aktenzeichen 7 O 381/10)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das am 07.06.2011 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.517,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.01.2010 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 430,66 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 55% und die Beklagte 45%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 25.674,74 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Fahrzeugvollversicherung unter der Geltung der "Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) Stand: 01.01.2004" in Anspruch.

Die Klägerin schloss im Juli 2004 mit der P GmbH & Co. KG einen Leasingvertrag für einen PKW Porsche Cayenne S.

Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin S geriet mit dem Fahrzeug am 13.08.2005 in Griechenland bei der Durchquerung eines Flussbettes in eine leichte Untiefe und stieß auf einen Stein, der sich verdeckt in dem 25 bis 30 cm tiefen Wasser befand. Da sich das Fahrzeug nicht befreien ließ und Hilfe zunächst nicht zu erreichen war, verblieb das Fahrzeug über Nacht in dem Flussbett. Nachdem es in der Nacht geregnet hatte, konnte das Fahrzeug am Folgetag geborgen werden, wobei es mit der Front derart unter Wasser gelangte, dass Wasser den Vorderwagen überspülte und in die Einlasskanäle der Motorbrennräume gelangte. Ein auf Veranlassung eines Automobilclubs durchgeführter Startversuch führte dazu, dass sich das in die Einlasskanäle eingedrungene Wasser nunmehr in die Brennräume des Motors verteilte.

Die Klägerin, die zunächst einen technischen oder elektronischen Defekt als Ursache für das Stehenbleiben des Fahrzeugs vermutete, erhob zunächst Gewährleistungsansprüche gegenüber der P GmbH und gegen die Fahrzeugverkäuferin und leitete das Beweissicherungsverfahren 2 OH 4/05 LG Bielefeld ein, in dem ein Gutachten des Sachverständigen B eingeholt wurde.

Die sodann in Anspruch genommene Beklagte holte ein Gutachten des Sachverständigen S ein, der die Reparaturkosten bezogen auf den Motorschaden auf 5.766,26 EUR bezifferte.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 04.10.2007 verurteilte das Landgericht Bielefeld (7 O 404/06) die Beklagte unter Abzug der Selbstbeteiligung von 1.000 EUR zur Zahlung von 4.768,26 EUR und stellte antragsgemäß fest, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin sämtlichen weitergehenden materiellen Schaden an dem Fahrzeug zu ersetzen, soweit dieser vom dem Kasko-Versicherungsschutz der Beklagten umfasst werde.

Das Fahrzeug wurde von der W GmbH übernommen und nach Osteuropa veräußert. Der Leasingvertrag wurde nicht fortgesetzt. Die Klägerin behauptet hierzu, zur Ablösung des Fahrzeugs netto 27.968,10 EUR (brutto 32.443,00 EUR) gezahlt zu haben, weil das Fahrzeug seitens der Leasinggesellschaft wegen der Beschädigung nicht zu dem kalkulierten Betrag habe zurück genommen werden können. Diesen Zuzahlungsbetrag verfolgt die Klägerin unter Abzug des im Vorprozess bereits zuerkannten Zahlungsanspruchs als weiteren Kaskoanspruch.

Ergänzend stützt sich die Klägerin darauf, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen B neben den Instandsetzungskosten von einer möglichen Reparaturausweitung von 7.675,66 EUR für Material auszugehen sei; die diesbezüglichen Lohnkosten seien mit mindestens 7.500 EUR anzusetzen. Der merkantile Minderwert belaufe sich auf 3.000 EUR. Für die Reparatur des Unterbodens sei ein Betrag von mindestens 10.000 EUR anzusetzen.

Die Klägerin hat zunächst Klage auf Zahlung von 27.674,74 EUR erhoben (Bruttozuzahlungsbetrag bei der Leasingablösung von 32.443 EUR abzüglich des zuerkannten Betrages von 4.768,26 EUR). Sodann hat die Klägerin ihrem Zahlungsbegehren den Nettozuzahlungsbetrag von 27.968,10 EUR, vermindert um 5.768,26 EUR, zugrunde gelegt.

Die Klägerin hat zuletzt nach Teilklagerücknahme beantragt,

die Beklagte ...

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