Leitsatz (amtlich)
Die nach unbeschränkt eingelegter Berufung in der Berufungsbegründung isolierteStellung eines Schmerzensgeldantrages steht der Nachholung des in erster Instanz gestellten Feststellungsantrages bis zum Ende der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht entgegen, sofern die Berufungsbegründung auch einen Angriff gegen die Abweisung des Feststellungsantrages deckt.
Normenkette
BGB §§ 823, 280; ZPO § 138
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 03.07.2015; Aktenzeichen 9 O 379/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 03.07.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Hagen unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert.
Der Zahlungsantrag ist dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens des Klägers von 50 % gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 50 % der materiellen Schäden und zukünftige nicht vorhersehbare immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens des Klägers von 50 % zu ersetzen, die durch das Sturzereignis vom 22.05.2013 gegen 17:00 Uhr vor dem Ladenlokal der Beklagten in der F-Straße in I entstanden sind und noch entstehen werden, soweit kein Anspruchsübergang auf Dritte erfolgt ist oder erfolgen wird.
Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.
Hinsichtlich des Schmerzensgeldbetragsverfahrens wird das Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens und begehrt Feststellung eines umfassenden materiellen und immateriellen Vorbehalts aus Anlass eines von ihm behaupteten Sturzereignisses vom 22.05.2013 gegen 17:00h im Außenbereich des von der Beklagten in der F-Straße in I betriebenen Lebensmittelmarktes, bei dem sich der Kläger nach seiner Darstellung eine Oberarmschaftfraktur links mit Humeruskopfluxation zugezogen hat.
Nach Anhörung des Klägers hat das LG durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO verwiesen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts Anderes ergibt, die Klage abgewiesen. Das Gericht hat festgestellt, dass der Kläger gestürzt sei und sich die beschriebenen Verletzungen zugezogen habe. Gleichwohl habe die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Denn der Kläger habe nicht beweisen können, dass er an einer Kante hängengeblieben sei, und diese einen Höhenunterschied zum angrenzenden Belag von mehr als 2,5 cm gehabt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die unbedingt eingelegte Berufung des Klägers. Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger zunächst nur den in erster Instanz zurückgewiesenen Schmerzensgeldantrag angekündigt. Im Senatstermin hat er sodann auch den Feststellungsantrag und hilfsweise den Antrag auf Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO gestellt. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen. Der Senat hat den Kläger gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Insoweit wird auf den hierüber aufgenommenen Berichterstattervermerk verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache teilweise Erfolg, im Hinblick auf den Zahlungsantrag jedoch nur, soweit der Kläger mit seinem Hilfsantrag die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung nach Erlass eines Teilurteils zum Grund begehrt.
1. Dabei ist dem Senat der gesamte Streitstoff, wie er in der ersten Instanz anhängig war, zur Entscheidung angefallen. Insbesondere ist die Abweisung des erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrags nicht rechtskräftig geworden.
1.1 Der Kläger hat unbedingt und uneingeschränkt Berufung eingelegt. Damit ist der Rechtsstreit insgesamt in die Berufungsinstanz gelangt. Die in der Berufungsbegründung ausdrücklich erfolgte Antragstellung allein in Bezug auf den Schmerzensgeldanspruch steht der Nachholung des Feststellungsantrages bis zum Ende der mündlichen Verhandlung in der Berufung nicht entgegen (vgl. BGH U. v. 24.10.1984 - VI ZR 140/83 - juris Rn 9 - 11 und v. 12.11.1997 - XII ZR 39/97 - juris Rn. 13 - 15 m.w.N.)
1.2 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der in der Berufungsbegründung enthaltene Antrag zugleich als teilweiser Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des Feststellungsantrags zu verstehen gewesen wäre. Das ist vorliegend unter Hinweis auf die vorgenannten Entscheidungen zu verneinen. Die Stellung beschränkter Anträge enthält im Zweifel keinen Verzicht auf die Anfechtung des Urteils im Übrigen (BGH a.a.O. Rn. 9 und Rn. 14). Die zunächst isolierte Stellung des Schmerzensgeldantrages lässt nicht erkennen, dass die Abweisung des erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrages in der Berufung nicht weiter verfolgt werden sollte. Denn eines ausdrücklichen Berufungsantrags bedarf es nicht, solange - wie hier...