Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen des Abrechnungsanspruchs aus § 87c Abs. 1 HGB kann der Handelsvertreter dem Unternehmer keine Vorgaben dahingehend machen, dass sich die Abrechnung auf bestimmte Geschäfte beziehen oder auf der Basis eines bestimmten Provisionssatzes erfolgen müsse.
Normenkette
HGB § 87c
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 23 O 77/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.1.2021 verkündete Teilurteil des Landgerichts Münster teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
a) für den Zeitraum vom 1.7.2017 bis zum 31.10.2019 über die dem Kläger zustehenden Provisionen kalendermonatlich abzurechnen;
b) dem Kläger für den Zeitraum vom 1.7.2017 bis zum 30.11.2019 einen Buchauszug über sämtliche Geschäfte, die zwischen Z A oder der Beklagten und Einzelhandelskunden mit Sitz in Deutschland, Österreich oder der Schweiz zustande gekommen sind, zu erteilten,
wobei der Buchauszug für jedes Geschäft folgende Angaben zu enthalten hat:
aa) Name des Kunden mit genauer Anschrift und Kundennummer,
bb) Datum und Umfang der Auftragserteilung,
cc) Datum der Auftragsbestätigung,
dd) Warenwert des Auftrags,
ee) Datum und Umfang der Lieferung,
ff) Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag,
gg) etwaig gewährte Preisnachlässe, Skonti und sonstige Rabatte,
hh) Datum und Höhe der Kundenzahlungen,
ii) Gründe für eine etwaige Nichtausführung eines Geschäfts sowie die davon betroffene Menge und der betroffene Warenwert;
die weitergehende Klage auf Erteilung von Abrechnungen und des Buchauszugs wird zurückgewiesen;
die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung, der Beklagten stünden keine Schadensersatzansprüche gegen den Kläger im Hinblick auf dessen Vertretung von Schuhen der Marke B zu, wird verworfen;
die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung wegen der Verurteilung zur Erteilung der Abrechnung und des Buchauszugs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 EUR und wegen der Kosten in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für die Berufung: bis zu 850.000,00 EUR
Gründe
A. Der Kläger verfolgt Ansprüche aus einem Handelsvertretervertrag für Bekleidung und Schuhe, der zwischen ihm und dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem (nicht eingetragenen) Kaufmann (..) Z (..) A, ab dem 1.7.2017 galt.
In diesem Vertrag heißt es u.a.:
§ 2 Territorien
(1) Der Handelsvertreter übernimmt in den Ländern Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH) ... die exklusive Alleinvertretung des Unternehmens. Das Unternehmen ist nicht berechtigt, innerhalb dieser Territorien weitere Handelsvertreter zu bestellen oder in diesen Territorien durch Beauftragte Kunden werben zu lassen. Hiervon unberührt bleibt das Recht des Unternehmens, im Rahmen des von ihm betriebenen Onlineshops weltweit Endkunden mit selbst gefertigten Bekleidungsartikeln der Marke "Z A" zu beliefern.
...
§ 6 Provisionspflichtige Geschäfte
(1) Dem Handelsvertreter steht ein Provisionsanspruch für die von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfte zu. Ihm steht ferner ein Provisionsanspruch für die Geschäfte zu, die ohne seine unmittelbare Mitwirkung mit Vertragspartnern zustande kommen, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Provisionsanspruch ... für Direktgeschäfte des Unternehmens aus § 87 Abs. 2 HGB besteht nicht.
(2) ...
§ 7 Höhe der Provision, Abrechnung
(1) Die Provision für Geschäftsabschlüsse mit Neukunden, die nicht in der Anlage 1 zu diesem Vertrag aufgeführt sind, beträgt 15 % vom Netto-Umsatz des Unternehmens aus der jeweiligen Geschäftsvermittlung bzw. aus dem jeweiligen Geschäftsabschluss.
(2) Die Provision für Geschäfte, die der Handelsvertreter mit Bestandskunden vermittelt oder abschließt, beträgt 7,5 % vom Netto-Umsatz des Unternehmens aus der jeweiligen Geschäftsvermittlung bzw. aus dem jeweiligen Geschäftsabschluss. Sobald in der ersten Saison das Volumen des vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mit allen Kunden einen Netto-Umsatz von mehr als 275.000,00 EUR ... überschreitet, erhält der Handelsvertreter in diesen (sic) Geschäftsjahr eine Provision in Höhe von 15 % vom Netto-Umsatz. ...
A gründete mit Gesellschaftsvertrag vom 14.12.2017 die Z A UG, jetzige Beklagte, deren Alleingesellschafter er war bzw. ist. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 22.12.2017. Mit Beschluss vom 30.7.2018 brachte er im Rahmen einer Kapitalerhöhung sein "Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva mit Ausnahme der Marke Z A" ein; er schloss am selben Tag einen Markenlizenzvertrag mit der Beklagten. Der Kläger übernahm im Frühjahr 2018 auch eine Vertretung für die Schuhmarke bzw. den Hersteller B, wovon er die Beklagte in Kenntnis setzte. Die Beklagte ermittelte die Provisionen des Klägers zunächst bis Januar 2019 auf der Grundlag...