Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 08.09.2021; Aktenzeichen 1 O 185/20)

 

Tenor

Auf die die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 8. September 2021 unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 23.063,79 EUR.

...

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt aufgrund des "Dieselskandals" Schadensersatz wegen eines von ihr am 4. Januar 2012 als Neuwagen zu einem Preis von 33.131,11 EUR erworbenen VW Tiguan Sport 2.0 TDI Euro 5, der mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor mit der internen Typbezeichnung EA189 ausgestattet ist.

Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung des Kaufpreises verneint, weil auf diesen Anspruch der Wert der Nutzung des Fahrzeugs anzurechnen und dieser daher angesichts einer Laufleistung von 300.000 km aufgezehrt sei. Es hat die Beklagte jedoch zur Erstattung von Kosten für die Finanzierung des Erwerbs des Fahrzeugs in Höhe von 6.714,90 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt, weil hinsichtlich dieses Anspruchs eine Anrechnung der Nutzungsvorteile nicht stattfinde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt, dass ihr Fahrzeug über einen Motor mit 2 Litern Hubraum verfügt. Der Kilometerstand beträgt 364.641 km.

Die Klägerin verlangt mit ihrer Berufung die Erstattung des Kaufpreises nebst Darlehenskosten in Höhe von 4.523,26 EUR für ein zur Finanzierung des Kaufs im Jahr 2012 angeschlossenes Darlehen sowie weitere 2.191,64 EUR für eine im Jahr 2016 abgeschlossene Anschlussfinanzierung (insgesamt 39.828,01 EUR) unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung ausgehend von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 450.000 km sowie unter Anrechnung näher dargelegter Reparaturkosten in Höhe von 7.590,76 EUR. Hierzu trägt die Klägerin insbesondere vor, ihr Fahrzeug stets einwandfrei zu pflegen und praktisch nur für längere Strecken einzusetzen, so dass sie ihre Fahrzeuge regelmäßig 450.000 km fahre, bevor sie einen neuen Wagen anschaffen müsse. Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die vollständige Abweisung der Klage und stützt dies u.a. darauf, dass die Klägerin das Fahrzeug am Ende der Laufzeit der ersten Finanzierung nach den Darlehensbedingungen hätte zurückgeben können ("verbrieftes Rückgaberecht").

Die Klägerin beantragt:

1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 9. September 2021 Az.: 1 O 185/20 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 39.828,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 0,07 358 EUR für jeden mit dem nachbezeichneten Fahrzeug gefahrenen Kilometer bis zur Rückgabe zuzüglich geleisteter Reparaturaufwendungen in Höhe von 7.590,76 EUR,

Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...

2. Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das am 8. September 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund, 1 O 185/209 wie folgt teilweise abzuändern und die Klage hinsichtlich der ausgeurteilten Aufwendungen in Höhe von 6.714,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2020 abzuweisen;

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten hat vollen, die Berufung der Klägerin hingegen keinen Erfolg. Ein Anspruch der Klägerin scheidet vorliegend jedenfalls deshalb aus, weil den von ihr geltend gemachten Schäden (Kaufpreis, Finanzierungskosten für das ursprüngliche Darlehen sowie die Anschlussfinanzierung) ein auf diese anzurechnender Nutzungsvorteil gegenübersteht, dessen Wert diese Schäden übersteigt.

1) Die Berufung der Beklagten genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, obwohl sie die Verurteilung zur Erstattung von Aufwendungen für die Finanzierung des Fahrzeugs mit dem nicht auf den Streitfall zugeschnittenen Argument angreift, Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparaturen seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19) nicht erstattungsfähig. Denn die Beklagte macht weiter mit näherer Begründung geltend, es habe ein "verbrieftes Rückgaberecht" bestanden, dessentwegen sei ein Schaden von vornherein zu verneinen und schon desw...

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