Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 43 O 29/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 18. August 2021 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.
Die einstweilige Verfügung aus dem Beschluss des Landgerichts Essen vom 13. April 2021 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, soweit diese lauten:
"b. Versicherungsnehmern der Verfügungsklägerinnen beim Widerspruch gegen eine Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten an eine von den Unterlassungsgläubigerin benannte Agentur zu unterstützen, wenn dies erfolgt unter Nutzung von Daten von Versicherungsnehmern der Verfügungsklägerinnen, nämlich Name, Vorname und Adresse, die sich der Verfügungsbeklagte selbst oder durch Dritte mittels Nutzung des EDV-Systems "A" der Verfügungsklägerinnen verschafft hat und/oder aufgrund von Kopien solcher Daten aus dem EDV-System "A"."
Im Übrigen bleibt die einstweilige Verfügung aus dem Beschluss des Landgerichts Essen vom 13.04.2021 aufrechterhalten.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagter) hat teilweise Erfolg.
1. Die Verfügungsklägerinnen (im Folgenden: Klägerinnen) haben einen Anspruch auf Unterlassung der im Antrag zu a. näher bezeichneten Unterstützung von Versicherungsnehmern der Klägerinnen bei dem Ausspruch von Kontaktverboten aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG glaubhaft gemacht (§ 920 Abs. 2 ZPO). Insoweit war der Berufung der Erfolg zu versagen.
a) Die Parteien sind Mitbewerber nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Dies ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten. Beide Parteien sind in der Versicherungsbranche tätig. Der Beklagte arbeitet nunmehr als Berater für die Agentur B C, welche exklusiv für die D Versicherung tätig ist, und vertreibt hierbei Versicherungen. Die D bietet den Versicherungsnehmern ein ähnliches Portfolio an, wie die Klägerinnen.
b) Es handelt es sich bei der beanstandeten Maßnahme um eine geschäftliche Handlung des Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Indem der Beklagte - wie er selbst im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor der dem Senat schilderte - den Kunden vorformulierte Schreiben der angegriffenen Art zur Verfügung stellte und diese sogar für die Kunden an die Klägerinnen versandte, zielt er auf eine Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen von Versicherungsnehmern, insbesondere auf einen Wechsel und eine Inanspruchnahme der von dem Beklagten nunmehr angebotenen Versicherungsleistungen ab.
c) Es liegt eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG vor. Diese setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Das betreffende Verhalten muss bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet sein. Unlauter ist auch eine gezielte Behinderung, die dazu führt, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 - Automobil Onlinebörse; OLG Jena, Urt. v. 27.3.2019 - 2 U 397/18, GRUR-RR 2019, 477 Rn. 14).
Selbst das Leisten einer Kündigungshilfe ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, sofern der Kunde nicht im Einzelfall in seiner Entscheidungsfreiheit durch aggressives Verhalten erheblich beeinträchtigt oder irregeführt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Mitbewerber Kunden auf dessen Initiative vorformulierte Kündigungsschreiben zur Verfügung stellt und unterschreiben lässt. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird allein durch eine solche Dienstleistung, wenn sie nicht von den genannten weiteren Unlauterkeitsmomenten begleitet ist, nicht unsachlich zum Abschluss eines Vertrags mit einem Mitbewerber veranlasst (BGH, GRUR 2005, 603, 604 - Kündigungshilfe).
Auch das Abwerben von Kunden gehört grundsätzlich zum Wettbewerb und kann nur dann eine Behinderung des Mitbewerbers sein, wenn weitere Unlauterkeitsmomente wie Irreführung, Überrumpelung oder Herabsetzung hinzutreten (OLG Jena, Urt. v. 27.3.2019 - 2 U 397/18, GRUR-RR 2019, 477 Rn. 15).
Eine Irreführung, Überrumpelung oder Herabsetzung ist im vorliegenden Fall unzweifelhaft nicht gegeben. Die streitgegenständlichen Schreiben haben jedoch einen entsprechenden unlauteren, weil den Kunden gegenüber der Klägerinnen vollständig abschottenden Inhalt, selbst wenn hiermit keine unmittelbare Kündigung des Vertragsverhältnisses ausgesprochen wird. Die Unlauterkeit ergibt sich insbesondere aus dem Satz "Einer eventuell gegebenen UWG widerrufe ich hiermit und...