Verfahrensgang

AG Detmold (Entscheidung vom 03.02.2000; Aktenzeichen 15 F 399/98)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Unterhaltsentscheidung des am 3. Februar 2000 verkündeten Verbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Detmold - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob ein Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt auf Grund von Straftaten verwirkt ist.

Die 1971 geborene Antragsgegnerin besitzt den Realschulabschluss. Eine Ausbildung zur Altenpflegerin brach sie ab, ebenso wie eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Einen Beruf hat sie nicht erlernt. Sie bezog bereits vor der Ehe Sozialhilfe. Ab 1990 wurde die Antragsgegnerin wiederholt stationär psychiatrisch behandelt.

Anfang 1995 lernte sie den 1964 geborenen Antragsteller kennen. Sie teilte ihm später mit, dass sie sich in psychiatrischer Behandlung befunden und bereits einen Selbstmordversuch unternommen habe.

Am 6.8.1996 schlossen die Parteien die Ehe. Der Antragsteller war und ist Beamter im gehobenen Dienst der Stadt xxx. Die Antragsgegnerin war als Hausfrau tätig.

Am 10.2.1997 wurde die gemeinsame Tochter xxx geboren. Diese wurde am Morgen des 6.5.1997 tot im Kinderbett gefunden. Die Todesursache konnte später nicht mehr aufgeklärt werden.

Am 3.2.1998 wurde der Sohn xxx geboren. In der Folgezeit wurde der Säugling häufig wegen Atemstillstandes klinisch behandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 96 GA Bezug genommen.

Wie im Rahmen des später gegen die Antragsgegnerin gerichteten Strafverfahrens 4 Ks 3 Js 885/98 - LG Detmold - festgestellt wurde, leidet sie unter einer Persönlichkeitsstörung in Form des sog. Münchhausen-by-proxy-Syndroms. Dabei manipulieren und erzeugen fürsorglich erscheinende Mütter (seltener Väter) bei ihren Kindern Krankheitssymptome. Das Schwurgericht traf später folgende Feststellungen, die die Antragsgegnerin nach ihrer Verurteilung nicht mehr in Abrede gestellt hat:

Am Abend des 11.8.1998 nutzte die Antragsgegnerin die Abwesenheit des Antragstellers, der ein Medikament für den Sohn aus der Apotheke holen wollte, um die Atemwege des Säuglings zu blockieren, bis er blau anlief. Sie beabsichtigte, sich als Mutter eines lebensbedrohlich erkrankten Säuglings mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Als der Antragsteller zurückkehrte, ließ sie von dem Kind ab und erklärte dem Antragsteller, ihr Kind habe solange geschrieen, bis es blau angelaufen sei. Blutergüsse waren an dem Kind nicht feststellbar, so dass die behandelnden Ärzte später eine andere Form des Sauerstoffentzuges annahmen, etwa durch ein Kissen.

Am 18.9.1998 nutzte die Antragsgegnerin erneut die Abwesenheit ihres Mannes, um dem Säugling die Atemwege zu blockieren, bis dieser ohnmächtig wurde. Sie selbst schrie laut, bis ihr Schwiegervater erschien, um das Kind zu beatmen. Die Antragsgegnerin war enttäuscht, dass ihr Schwiegervater sich nur um das Kind kümmerte. Sie entschloss sich deshalb, ihrem Kind nochmals die Atemwege zu blockieren, als ihr Schwiegervater das Kinderzimmer wieder verließ. Es gelang ihr, diesen Entschluss in die Tat umzusetzen, bis der Säugling abermals ohnmächtig wurde. Als ihr Schwiegervater zurückkehrte, verständigte dieser den Notarzt.

Wie das Schwurgericht später feststellte, verübte die Antragsgegnerin die Straftaten auf Grund ihres Münchhausen-by-proxy-Syndroms im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB).

Durch Beschluss vom 29.10.1998 ordnete das AG Detmold die einstweilige Unterbringung der Antragsgegnerin in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Seitdem leben die Parteien getrennt.

Auf Grund der oben beschriebenen Vorfälle beantragte der Antragsteller im November 1998 die Scheidung.

Durch Urteil vom 2.12.1999, rechtskräftig seit dem 10.12.1999, verurteilte das Schwurgericht des Landgerichts Detmold die Antragsgegnerin wegen der Taten vom 11.8.1998 und 18.9.1998 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zum Nachteil ihres Sohnes m zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Ferner ordnete das Schwurgericht die Unterbringung der Antragsgegnerin in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Vollstreckung der Maßregel wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge zum Nachteil ihrer Tochter xxx wurde die Antragsgegnerin freigesprochen.

Durch Urteil vom 3.2.2000 hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden. Die elterliche Sorge für den Sohn xxx wurde auf den Antragsgegner übertragen. Das Familiengericht begründete Versorgungsanwartschaften zu Gunsten der Antragsgegnerin in Höhe von 62,68 DM monatlich. Das Urteil ist insoweit rechtskräftig seit dem 14.6.2000.

Am 4.8.2000 heiratete der Antragsteller erneut. Am 26.9.2000 wurde sein Sohn xxx geboren.

In erster Instanz hat die Antragsgegnerin monatlich 1.500,- DM Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung verlangt.

Das Amtsgericht hat den Anspruch als verwirkt angesehen.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Antragsge...

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