Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 28.09.1994; Aktenzeichen 2 O 411/94) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28. September 1994 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger beansprucht von dem beklagten Landzusteller der … Ersatz von 1.507,15 DM an tierärztlichen Behandlungskosten wegen einer Verletzung seines Dackels „Biene” durch den Beklagten bei der Postzustellung am 15. Juni 1993 gegen 11.30 Uhr in ….
Als der Beklagte den Hofraum des Hauses, in dem der Kläger wohnte, betrat, um den dortigen Briefkasten zu erreichen, wurde er von den drei Dackeln „Kessi, Grete” und „Biene”, die sich in der Obhut des Klägers befanden bzw. – das betrifft „Biene” – die diesem gehörte, angefallen und durch Bisse verletzt.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe entgegen den Anweisungen seiner (Klägers) Ehefrau, sich ruhig zu verhalten, auf die zunächst nur bellenden, sonst aber friedlichen Hunde eingetreten und diese so zur Aggression herausgefordert. Anschließend habe er mit einem Birkenknüppel die Hunde in die Flucht geschlagen, dabei „Biene” verfolgt und mehrfach getroffen, auch als diese schon wehrlos am Boden gelegen habe. Dabei habe der Hund Knochenbrüche erlitten.
Der Beklagte hat behauptet, die Hunde hätte ihn sogleich angefallen und gebissen und sich mit Fußtritten nicht abwehren lassen, so daß er einen Birkenpfahl habe zu Hilfe nehmen müssen, mit dem er aber nur einmal zugeschlagen habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Beklagte sei nicht passivlegitimiert, weil er in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit den Schaden verursacht habe und dafür Staatshaftung begründet sei.
Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger rügt die rechtliche Würdigung des Landgerichts und macht geltend, der Beklagte habe die schädigende Handlung nicht in Ausübung seines Amtes, sondern bei Gelegenheit hoheitlicher Tätigkeit begangen, weil er „Biene” nur noch aus Wut zu einem Zeitpunkt verletzt habe, als von dieser keine Gefahr mehr ausgegangen sei.
Der Kläger beantragt,
abändernd den Beklagten zu verurteilen, an ihn (Kläger) 1.507,15 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juni 1993 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte beruft sich nach wie vor auf Verteidigungsnotstand.
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat die Parteien gem. § 141 ZPO gehört und die Ehefrau des Klägers als Zeugin uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk als Anlage zum Protokoll der Berufungsverhandlung verwiesen.
Die Akten 48 Js 303/93 StA Münster sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Der Berufung ist zwar zuzugeben, daß das Landgericht die Anspruchsvoraussetzungen des § 839 BGB für eine persönliche Haftung des Beklagten nicht geprüft hat. Das Urteil hat aber im Ergebnis deshalb Bestand, weil eine unerlaubte Handlung des Beklagten und also auch eine Amtspflichtverletzung nicht erweislich ist, für die dieser womöglich, in jedem Falle aber bei Vorsatz hätte einstehen müssen.
Der Beklagte hat zwar den Hund „Biene” und damit rechtlich eine Sache des Klägers durch einen Schlag mit einem Knüppel verletzt und somit die zur Heilbehandlung angefallenen Tierarztkosten verursacht. Daß die Verletzung rechtswidrig geschehen ist, steht jedoch nicht fest. Es ist möglich, daß der Schaden im Verteidigungsnotstand eingetreten ist (1), dieser stände dann nicht außer Verhältnis zur abgewehrten Gefahr (2), die der Beklagte nicht verschuldet hat (3) (§ 228 BGB).
1.
Es ist unstreitig, daß der Beklagte von den Dackeln „Kessi, Grete” und „Biene” angegriffen und gebissen wurde, als er in Ausübung seines Dienstes beim Kläger Post zustellen wollte. Gegen diese Angriffe durfte er sich wehren, weil die Hunde auch auf Kommandos der Ehefrau des Klägers nicht reagierten, sich auch sonst nicht beruhigen ließen und durch Flucht nicht einfach abzuschütteln gewesen wären, weil dergleichen die Dackel zur Verfolgung herausgefordert hätte. Dabei durfte der Beklagte auch einen Birkenknüppel einsetzen, zumal andere, von der Zeugin … geschilderte Abwehrversuche wie das Schlagen mit Poststücken und Tritte erfolglos geblieben waren. Daß „Biene” in einem Augenblick verletzt worden ist, als für den Beklagten kein Verteidigungsnotstand mehr gegeben war, kann der Senat nicht feststellen. Die Angaben der Parteien stimmen darin überein, daß sich die bis dahin angriffswütigen Hunde nach dem ersten und nach Darstellung des Beklagten auch einzigen gegen sie geführten Schlag mit dem Birkenknüppel zurückgezogen haben. Daß der Beklagte dann noch auf die Dackel, insonderheit auf „Biene” eingeschlagen und dieser dabei die hier entscheidenden Verle...