Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Patient auf einer allgemeinchirurgischen Abteilung behandelt, hat das Krankenhaus nicht die Pflicht, den Patienten auch auf dem in der Klink nicht vorhandenen Bereich der Neurochirurgie fachärztlich zu behandeln. Das Krankenhaus haftet daher nicht für mögliche Fehler eines bei zur Behandlung einer Komplikation zum Zwecke des "Konsils" beteiligten Neurochirurgen.
2. Ein Patient, der während eines Krankenhausaufenthaltes eine MRSA-Infektion erleidet, muss einen schadensursächlichen Hygienemangel auch dann beweisen, wenn während der Zeit seines Krankenhausaufenthalts vier weitere Patienten MRSA-Infektionen erleiden. Allein diese Anzahl weiterer MRSA-Infektionen rechtfertigt keine Beweislastumkehr.
Normenkette
BGB §§ 253, 280, 823, 831
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 17.07.2013; Aktenzeichen 5 O 25/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.7.2013 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte begehrt von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz aufgrund ärztlicher Fehler und Organisationsmängel.
Die Klägerin wurde am 21.12.2009 wegen des Verdachts auf eine akute Gastroenteritis in die Klinik für Innere Medizin bei der Beklagten aufgenommen. Als sich schließlich ein Adenokarzinom im Colon transversum herausstellte, kam die Klägerin auf die Allgemeinchirurgische Abteilung und wurde am 31.12.2009 operiert. Für die Narkose wurde ein Periduralkatheter neben einer Intubationsnarkose benutzt. Der Katheter wurde intraoperativ aufgespritzt. Zur postoperativen Behandlung kam die Klägerin zunächst auf die Intensivstation. Dort konnte sie zunächst ihr rechtes Bein nicht mehr heben und klagte in der Folgezeit über starke Schmerzen. Nachdem am 06.01.2010 eine Beweglichkeit des Beines wieder gegeben und eine Mobilisation möglich war, kam die Klägerin auf die chirurgische Station. Die Entfernung des Katheters erfolgte am 10.01.2010.
Am 12.01.2010 klagte die Klägerin über Schmerzen im Bereich der Einstichstelle des Katheters, die zu einer Liquorpunktion und einem MRT führten. Das MRT ergab einen Abszess im Epiduralraum. Es erfolgte eine Besprechung mit der neurochirurgischen Klinik St. C in I. Von dort wurde eine antibiotische Behandlung und Verlegung auf die Intensivstation empfohlen. Als sich am 15.01.2010 ein Anstieg der Entzündungsparameter zeigte und sich zudem Parästhesien an beiden Beinen entwickelten, kam es erneut zu einer Rücksprache mit den Neurochirurgen in I, die ein neues MRT empfahlen. Da sich der Abszess vergrößert hatte, wurde die Klägerin schließlich in die Neurochirurgie der Städtischen Kliniken E verlegt, wo eine notfallmäßige Ausräumung durchgeführt wurde. In Wundabstrich ergab sich ein MRSA-Befund.
Die Klägerin konnte schließlich am 05.02.2010 entlassen werden. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch eine Taubheit im Analbereich, ebenso eine gebesserte, aber nicht vollständig rückgängige Harninkontinenz. Die Mastdarmkontrolle war zu diesem Zeitpunkt gebessert.
Die Klägerin hat sodann bei der Beklagten Ansprüche erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass Behandlungs- und Hygienemängel vorgelegen hätten.
Der Periduralkatheter sei zu tief bzw. in einem falschen Winkel eingesetzt worden, so dass die Dura verletzt worden sei.
Die spätere Versorgung und Pflege des Katheters und der Einstichstelle sei nicht sorgfältig und hygienisch einwandfrei erfolgt. Dies habe letztlich zur MRSA-Besiedlung geführt.
Die Anästhesie sei fehlerhaft gemacht worden, man habe eine falsche Methode gewählt.
Insgesamt sei das Hygienemanagement fehlerhaft; denn um die Zeit ihres Aufenthaltes sei es zu mindestens vier weiteren MRSA-Infektionen gekommen.
Die Klägerin behauptet, dass sich durch diese Fehler ihr Krebsleiden verschlimmert habe. Zudem habe sie ab dem Rücken bis hinab zu den Fersen an beiden Beinen auf deren Rückseite keinerlei Empfinden mehr. Sie leide ständig unter dem Eindruck kalter Füße, selbst wenn diese warm seien.
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin ein Schmerzensgeld von mindestens 30.000 EUR sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung für materielle und weitere immaterielle Schäden verlangt. Im Wege der Vorabentscheidung durch Zwischenfeststellungsklage hat die Klägerin Herausgabe von Informationen gemäß § 23 Abs, 4 IfSchG verlangt, hilfsweise deren Herausgabe an einen Sachverständigen.
Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen und sachverständig beraten durch Prof. Dr. S und Prof. Dr. Q die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf Herausgabe der Informationen über die Niederschriften über das Auftreten von speziellen Erregern im Krankenhaus ergebe sich weder aus §§ 611, 2...