Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzutreffende Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist
Leitsatz (amtlich)
Wer zwar grundsätzlich im Rahmen des § 312c BGB über das Widerrufsrecht informiert, dabei aber den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass diese vorvertraglichen Informationen schon irgendwelche Fristen in Lauf setzen, beeinflusst das Verbraucherverhalten erheblich.
Normenkette
BGB § 312c; UWG §§ 8, 12
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 24 O 110/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.10.2008 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin bietet im Internet gewerblich Computer, Drucker und Druckerzubehör an. Die Beklagte hat jedenfalls im März 2008 über die Internetplattform F als gewerbliche Verkäuferin einen gebrauchten Drucker angeboten (Anlage B1 Bl. 40 f.). Im Rahmen ihrer Widerrufsbelehrung für Verbraucher (Bl. 41) hat die Beklagte in diesem Internetauftritt die Formulierung gebraucht:
"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
Die Klägerin ließ die Beklagte, die darin den Verstoß eines Mitbewerbers gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den gesetzlichen Informationspflichten über das Widerrufsrecht im Rahmen des Fernabsatzes gesehen hat, durch anwaltliches Schreiben vom 17.3.2008 (Bl. 4 ff.) abmahnen. Die Beklagte gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die der Klägerin in Zusammenhang mit der Abmahnung entstandenen Abmahnkosten i.H.v. 755,80 EUR auf der Grundlage eines Streitwerts von 15.000 EUR erstattete die Beklagte dagegen nicht.
Die Klägerin hat die Erstattung der Anwaltskosten nebst Zinsen mit der Klage geltend gemacht. Sie hat gemeint, die Abmahnung sei zu Recht erfolgt, weil die Beklagte mit der Verwendung der beanstandeten Klausel einen erheblichen Wettbewerbsverstoß begangen habe. Die erfolgte Belehrung über das Widerrufsrecht sei nicht klar und verständlich i.S.v. § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie sei vielmehr fehlerhaft, weil die in einem F-Angebot befindliche Widerrufsbelehrung gerade noch nicht die erforderliche Belehrung in Textform darstelle. Auf Grund der Besonderheiten des dortigen Vertragsschlusses, die sich durch die Annahme der verbindlichen Angebote durch den entsprechenden Käufer ergäben, erfolge die Belehrung in der Textform des § 126b BGB in der Regel erst nach Vertragsschluss.
Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat die fehlende Zuständigkeit des LG Münster gerügt. Das Verhalten der Antragstellerin hat sie als Teil einer Abmahnwelle und als rechtsmissbräuchlich angesehen. Dazu hat sie vorgetragen, dass sich aus Internetforen ergebe, dass die Klägerin im großen Stil vermeintliche Mitbewerber abmahne. Gerade beim LG Münster seien vermutlich zahlreiche Verfahren anhängig gewesen, deren Zahl nur auf ein vorrangiges Gebührenerzielungsinteresse schließen lasse. Im Hinblick darauf, dass sie zum Zwecke der Belehrung über den Widerruf die Formulierung wie in der Musterwiderrufsbelehrung nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV verwendet habe, könne darin kein Wettbewerbsverstoß gesehen werden. Selbst wenn aber die Belehrung falsch gewesen sein sollte, weil sie nicht berücksichtige, dass zusätzlich der Erhalt der Ware erforderlich sei, liege allenfalls eine Bagatelle vor. Insoweit verweist die Beklagte auf eine Entscheidung des OLG Hamburg. Sie rügt, dass von einem rechtsunkundigen Unternehmer nicht verlangt werden könne, dass er schlauer sei als der Gesetzgeber. Hilfsweise wendet sie sich auch gegen die Höhe der Forderung, weil allenfalls nur ein sehr geringer Streitwert zugrunde gelegt werden könne.
Das LG hat sich nach § 14 Abs. 2 UWG für zuständig gehalten und die Klage auf Erstattung der Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG für begründet gehalten. Es hat ausgeführt, der Klägerin könne kein rechtsmissbräuchliches Verhalten i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG entgegen gehalten werden. Allein die Tatsache, dass die Klägerin eine Mehrzahl von Abmahnungen ausgesprochen habe, reiche dafür nicht aus. Die Abmahnung der Klägerin sei auch gerechtfertigt gewesen, weil ihr als Mitbewerberin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 312c Abs. 1 BGB ggü. der Beklagten zugestanden habe. Die beanstandete Art der Belehrung über den Beginn der Widerrufspflicht informiere nicht klar und verständlich über das bei Fernabsatzverträgen nach § 312d BGB bestehende Widerrufsrecht. Es fehle nämlich der Hinweis darauf, dass zunächst noch eine Belehrung in Textform erforderlich sei, die spätestens mit dem Erhalt der Ware erfolgen müsse. Für diese Belehrung in Textform sei die Musterwiderrufsbelehrung gedacht, nicht für die Belehrung im Internet, die dort nicht dauerhaft genug festgehalten worden sei. Bei dem Verstoß handele es sich auch nicht um eine Bagatelle, die den Verbraucher nur unerheblich beinträchtige. Die Klägerin habe die Höhe der Anwaltskosten ausgehend vo...