Leitsatz (amtlich)
1. Verlangt ein Kommanditist, der einem geschlossenen Immobilienfonds beigetreten ist, von dem Gründungsgesellschafter wegen Verletzung der Aufklärungspflicht im Wege des großen Schadensersatzes die Erstattung seiner Einlage, sind zwischenzeitlich in Anspruch genommene Steuervorteile aus Absetzungen für Abnutzung (AfA) grds. nicht als Vorteilsausgleichung anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Die Rückgewähr der Kommanditeinlage stellt in dem Fall auch eine Rückgewähr des Anschaffungsaufwands dar, der sich als AfA steuerlich ausgewirkt hat und als Rückgewähr von Werbungskosten bei dem Zufluss zu versteuern ist.
2. Hätte der Kläger bei zutreffender Aufklärung statt der gewählten Anlage einen anderen steuerbegünstigten Immobilienfonds gezeichnet, kann er unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns nicht eine Verzinsung des Einlagebetrages nach einem für festverzinsliche Wertpapiere geltenden durchschnittlichen Zinssatz verlangen.
Wenn eine hypothetische Anlage in einem konkreten anderen Immobilienfonds nicht dargelegt wird, kann bei der abstrakten Schadensberechnung auch unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweiserleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO keine wahrscheinlich erzielbare Mindestrendite von geschlossenen Immobilienfonds festgestellt werden.
Normenkette
BGB §§ 249, 252; EStG §§ 2, 9 Abs. 1, § 21
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 05.12.2008; Aktenzeichen 16 O 295/04) |
Tenor
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das am 5.12.2008 verkündete Schlussurteil des LG Münster werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 32 % und die Beklagten zu 68 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
A. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen seines Beitritts als Kommanditist zu der L, einem geschlossenen Immobilienfonds.
Im Dezember 1993 beteiligte sich der Kläger mit einer Kommanditeinlage von 250.000 DM zzgl. 12.500 DM Agio als Kommanditist an der genannten Gesellschaft. Die Einlage finanzierte er durch ein Darlehen der Sparkasse X. Der Beklagte zu 1) war Gründungskommanditist der genannten Gesellschaft sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 2), die seinerzeit noch in der Rechtsform der GmbH bestand. In der Zeit von 1996 bis 2002 erhielt der Kläger Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 85.000 DM.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung von 262.500 DM (134.214,11 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 6,5 % vom 1.1.1994 bis zur Rechtshängigkeit sowie weiteren Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzgl. der an ihn geleisteten Ausschüttungen in Anspruch genommen, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung seiner Rechtsstellung als Kommanditist der L (im Folgenden: L KG). Weiterhin hat er die Freistellung von seiner Kommanditistenhaftung begehrt. Er hat zur Begründung ausgeführt, beide Beklagten hätten die ihnen jeweils obliegenden Aufklärungspflichten schuldhaft verletzt.
Mit Urteil vom 26.2.2007 in dem Verfahren 8 U 62/05 hat der Senat das der Klage gegen den Beklagten zu 1) dem Grunde nach stattgebende Urteil des LG Münster bestätigt und die Klage auch gegen die Beklagte zu 2) dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Dieses Urteil ist durch Rücknahme der von den Beklagten eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde (II ZR 83/07) rechtskräftig geworden.
Im vorliegenden Betragsverfahren hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten nicht nur den Anlagebetrag zu erstatten, sondern als entgangenen Gewinn auch eine Verzinsung von 6,5 % vorzunehmen. Wäre er dem L KG nicht beigetreten, hätte er anderweitig eine Rendite i.H.v. mindestens 6,5 % erzielt. Von den Zinsforderungen seien die Ausschüttungsbeträge in Abzug zu bringen. Weiterhin hat der Kläger gemeint, der geltend gemachte Schadensersatz sei nicht um die von ihm erzielten Steuervorteile zu reduzieren, da ihm diese Steuervorteile im Fall der Rückabwicklung der Anlage nicht endgültig verblieben. Unabhängig davon stehe einer Anrechnung im Wege des Vorteilsausgleichs entgegen, dass er, der Kläger, alternativ eine andere Anlage gezeichnet hätte, auf die ebenfalls das Fördergebietsgesetz mit den darin vorgesehenen Sonderabschreibungen Anwendung gefunden hätte.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der Kläger habe seinen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Da steuerliche Vorteile grundsätzlich in vollem Umfang auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch anzurechnen seien, hätte der Kläger entsprechend vortragen müssen.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 90.754,31 EUR nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechtss...