Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 05.05.1994; Aktenzeichen 15 O 118/94)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. Mai 1994 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgende Zinsen auf den ausgeurteilten Betrag zu zahlen:

für die Zeit vom 11.03.1994 bis 01.05.1994 8,5%, für die Zeit vom 02.05.1994 bis 31.05.1994 8,25%, für die Zeit vom 01.06.1994 bis 30.06.1994 8,00%, für die Zeit ab 01.07.1994 7,75%.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Beklagten: unter 5.000,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin und Leasinggeberin eines Pkw Toyota Supra, den sie aufgrund eines Leasingvertrages ihrem Leasingnehmer xxx in xxx überlassen hatte.

Am 21.07.1993 gegen 2.17 Uhr befuhr Herr xxx mit diesem Fahrzeug die Bundesautobahn A xxx in Fahrtrichtung xxx. In Höhe von xxx geriet er in einer langgezogenen Rechtskurve gegen ein quer auf der mittleren Fahrspur stehendes, bei dem Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug (Opel Kadett). Der Opel Kadett war von der Fahrbahn abgekommen, gegen die Leitplanken gestoßen und dann auf die mittlere Fahrbahn geraten.

Die Klägerin hat ihren Schaden auf 11.413,10 DM beziffert (Sachschaden, Gutachterkosten und Kostenpauschale). Sie verlangt ihn in voller Höhe von dem Beklagten als Haftpflichtversicherer des Opel Kadett ersetzt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie müsse sich weder ein Mitverschulden ihres Leasingnehmers noch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs anrechnen lassen.

Der Beklagte hat nach Klageerhebung 6.674,46 DM gezahlt. Er hat eine Kürzung um 40% vorgenommen, weil den Leasingnehmer der Klägerin wegen deutlich überhöhter Geschwindigkeit eine Mitschuld treffe.

Das Landgericht hat der Klage bis auf das 4% übersteigende Zinsbegehren stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 11.413,10 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11.03.1994 abzüglich am 28.03.1994 gezahlter 6.674,46 DM zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin brauche sich weder nach § 17 Abs. 1 StVG noch nach den §§ 9 Abs. 1 StVG, 254 BGB ein Mitverschulden ihres Leasingnehmers entgegenhalten zu lassen. Sie sei nicht Halterin des Fahrzeuges gewesen. Der Beklagte, der für ein Verschulden einzustehen habe, müsse sich wegen etwaiger Ausgleichsansprüche selbst an Halter und Fahrer des Leasingfahrzeuges halten.

Mit der Berufung erstrebt der Beklagte Abweisung der Klage, soweit die Klägerin mehr als die bereits gezahlten 6.674,46 DM begehrt. Er ist der Ansicht, auch im vorliegenden Fall müsse ein Ausgleich nach § 17 Abs. 1 S. 2 StVG erfolgen. Bei Erlaß dieser Vorschrift sei der Gesetzgeber von der stillschweigenden Erwartung ausgegangen, daß der Halter auch Eigentümer des Fahrzeuges sei. Diese Annahme sei aber jetzt, insbesondere angesichts der Häufigkeit von Leasinggeschäften, nicht mehr gerechtfertigt. Der Regreßanspruch gegen den Leasingnehmer sei einer sofortigen Reduzierung des Anspruchs nicht gleichwertig. Es sei unpraktikabel, ihn auf einen solchen Regreßanspruch zu verweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Im Wege der Anschlußberufung strebt sie unter Vorlage von Bankbescheinigungen Erhöhung des Zinssatzes für den landgerichtlich ausgeurteilten Betrag. Für ihre Ansicht, sie brauche sich eine Anspruchskürzung nicht gefallen zu lassen, beruft sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die Akten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Anschlußberufung der Klägerin führt zur Abänderung der landgerichtlichen Zinsentscheidung.

Die Klägerin kann den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. 3 Nr. 1 PflVG auf Ersatz ihres vollen, der Höhe nach nicht streitigen Schadens in Anspruch nehmen. Denn der Fahrer des beim Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Opel Kadett hat den Unfall mit seinen Folgen schuldhaft verursacht. Die Klägerin muß auch weder nach § 17 StVG noch nach §§ 9 StVG, 254 BGB wegen der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs (Pkw Toyota Supra) oder wegen eines etwaigen Mitverschuldens ihres Leasingnehmers eine quotenmäßige Kürzung ihrer Ansprüche hinnehmen.

1.

Der Fahrer des Pkw Opel hat den Unfall, bei dem der Pkw der Klägerin beschädigt wurde, schuldhaft verursacht. Er ist von der Fahrbahn abgekommen und hat dann die Gewalt über das Fahrzeug verloren mit der Folge, daß dieses schließlich als unbeleuchtetes Hindernis quer auf der mittleren Fahrspur der BAB zum Stillstand kam. Er hat dadurch den nachfolgenden Unfall widerrechtlich und schuldhaft verursacht und auf diese Weise das Eigentum der Klägerin verletzt. Das Verschulden des Fahrers steht nach Anscheinsgrundsätzen fest, denn ein regelwidriges Abkommen von der Fahrbahn stellt einen typischen Geschehensablauf dar, der nach der Lebenserfahrung auf ein Verschulden des Fahrers hindeutet...

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