Leitsatz (amtlich)
Zur presserechtlichen Beurteilung der Pressemitteilung einer Staatsanwaltschaft und mit ihr im Zusammenhang stehender Äußerungen des Pressesprechers nach den an eine Verdachtsberichterstattung zu stellenden Anforderungen.
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34, 5; LPresseG NRW § 4
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 21.10.2013; Aktenzeichen 11 O 332/12) |
BGH (Aktenzeichen III ZR 369/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.10.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern das beklagte Land vor der Vollstreckung nicht Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land eine Geldentschädigung i.H.v. mindestens 40.000 EUR aufgrund einer ihrer Meinung nach vorliegenden Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Presseerklärung der Staatsanwaltschaft S vom 26.1.2009 sowie Erklärungen ihres Pressesprechers gegenüber der Y-Zeitung, der S Zeitung und der P. Diese Erklärungen wurden im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren u.a. wegen falscher Verdächtigung, Verleumdung und Verletzung von Privatgeheimnissen abgegeben, welches sich gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten richtete.
Die Klägerin war seit dem 1.6.2007 Chefärztin des Zentrums für Erwachsene mit angeborenem und erworbenem Herzfehler in der Klinik des Universitätsklinikums S. Sie sollte später die Nachfolgerin von T werden, welcher diese Klinik leitete.
Am 14.11.2007 wurde der Klägerin durch das Universitätsklinikum S gekündigt. Im Dezember 2007 erhob die Klägerin dagegen Kündigungsschutzklage vor dem ArbG S.
In der Presse wurde ab dem 4.1.2008 über unüberbrückbare Differenzen mit dem Team der Herzchirurgie einerseits und der Klägerin andererseits berichtet. Dabei wurde die Klägerin namentlich genannt.
Am 30.5.2008 stellte das ArbG fest, dass die Kündigung unwirksam gewesen sei. In der Berufungsinstanz wurde das arbeitsgerichtliche Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Klägerin mit der Universität S und dem Universitätsklinikum S zuvor im Juli 2008 außergerichtlich eine Einigung gefunden hatte. Nach dieser Einigung sollte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.9.2008 aufgehoben werden.
Seit Oktober 2008 ist die Klägerin als Chefärztin in dem F Herzzentrum tätig.
Von Juni bis August 2008 gingen anonyme Anzeigen gegen T bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ein. Darin wurde Herrn T und weiteren Ärzten die fahrlässige Tötung von Patienten durch unsachgemäße Herzoperationen oder fehlerhafte postoperative Behandlungen vorgeworfen. Außerdem erhielten Angehörige von verstorbenen Patienten anonyme Schreiben, in welchen behauptet wurde, dass der Tod der Patienten vermeidbar gewesen sei, bzw. mit allen Mitteln vertuscht werden solle.
Diese Vorwürfe führten dazu, dass die Staatsanwaltschaft S ein Ermittlungsverfahren gegen T und andere Ärzte der X-Klinik einleitete (30 Js 158/08). Am 17.7.2008 informierte die Staatsanwaltschaft S die Medien über dieses Verfahren.
Parallel zu dem Ermittlungsverfahren gegen T leitete die Staatsanwaltschaft S zudem ein Ermittlungsverfahren gegen den zunächst unbekannten Verfasser der anonymen Anzeigen und Schreiben ein, das sich später gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten richtete (30 Js 221/08).
Während des Ermittlungsverfahrens wurde die Klägerin am 22.8.2008 als Zeugin vernommen. Am 3.9.2008 wurden ihre Wohnung und ihre Diensträume durchsucht. Darüber wurde mit Namensnennung in der Presse berichtet.
Am 17.9.2008 erklärte der Lebensgefährte der Klägerin, dass er der Verfasser der anonymen Schreiben sei. In der Presse wurde über das Verfahren gegen die Klägerin mit Namensnennung berichtet.
Unter dem 23.9.2008 wurde ein herzchirurgisches Fachgutachten erstellt. Damit sollten die Vorwürfe gegen die Ärzte der X-Klinik geprüft werden. Die Vorwürfe angeblicher Qualitätsmängel wurden in diesem Gutachten als ungerechtfertigt zurückgewiesen.
Mit Verfügung vom 4.11.2008 stellte die Staatsanwalt S das Ermittlungsverfahren gegen T und andere nach § 170 Abs. 2 StPO ein. Zur Begründung stützte die Staatsanwaltschaft sich u.a. auf das vorgenannte herzchirurgische Fachgutachten.
Die Klägerin nahm in ihrer anwaltlich verfassten Einlassung vom 22.12.2008 zu den gegen sie gerichteten Vorwürfen Stellung. Bezüglich der Einzelheiten der anwaltlichen Stellungnahme wird auf die Anlage K5 zur Klageschrift vom 27.12.2012 Bezug genommen.
Unter dem 16.1.2009 erhob die Staatsanwaltschaft S Anklage gegen die Klägerin und deren Lebensgefährten. Der Klägerin wurden u.a. falsche Verdächtigung, Verleumdung und Verletzung von Privatgeheimnissen vorgeworfen. Bezüglich der E...