Leitsatz (amtlich)
›Die Durchtrennung des Ductus choledochus infolge der Verwechslung mit dem Ductus zysticus kann bei genügender Präparation vermieden werden. Wenn der Operationssitus ein schwieriger und die Präparation nicht möglich sein sollte, dann ist das laparoskopische Vorgehen umgehend zu beenden um der Übergang zum offenen Operationsverfahren zu wählen.‹
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 2 O 552/97) |
Tatbestand
Der im Jahre 1967 in Italien geborene Kläger, der seit 1991 in Deutschland lebt, wurde am 11.06.1996 wegen einer Gallenblasenentzündung im Krankenhaus der Beklagten zu 1) aufgenommen. Am 13.06.1996 wurde die Gallenblase operativ entfernt. Dabei begann der Beklagte zu 2) die Operation im Verfahren der laparoskopischen Cholezystektomie, einem Vorgehen, das nicht die Öffnung der Bauchdecke erfordert. Die Operation konnte mit diesem Verfahren nicht zu Ende geführt werden, weil sich intraoperativ Komplikationen ergaben. Der Beklagte zu 2) wechselte zum sogenannten offenen Operationsverfahren und stellte dabei fest, daß er den Hauptgallengang (Ductus choledochus) durchtrennt hatte. Der Chefarzt der Abteilung, der Beklagte zu 3), wurde hinzugezogen und beendete den Eingriff, indem er unter anderem den Hauptgallengang mit einer Darmschlinge vernähte (biliodigestive Anastomose im Sinne einer Roux-Y-Choledochojejunostomie). Der am 01.07.1996 aus dem Krankenhaus entlassene Kläger war bis zum 08.12.1996 durchgängig arbeitsunfähig. In der Zeit vom 02. bis zum 14.03. und vom 25.03. bis zum 16.04.1997 war der Kläger erneut in stationärer Krankenhausbehandlung. Wegen weiterer entzündlicher Reaktionen begab sich der Kläger in die Medizinische Hochschule wo in einem Befund vom 16.07.1997 festgestellt wurde, daß es zu Rufstauungen in der Leber und zu einem erhöhten Gamma GT-Wert gekommen war.
Der Kläger hat die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes - Vorstellung: 30.000,00 DM -, Ersatz materieller Schäden und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden in Anspruch genommen. Er hat behauptet, nicht hinreichend über die Operationsrisiken aufgeklärt worden zu sein. Bei der Durchtrennung des Hauptgallengangs habe der Beklagte zu 2) gegen grundlegende chirurgische Regeln verstoßen. Die Beklagten haben eine ausreichende Aufklärung des Klägers behauptet. Das Aufklärungsgespräch sei von dem Beklagten zu 4) am 12.06.1996 durchgeführt worden. Die irrtümliche Durchtrennung des Hauptgallengangs durch den Beklagten zu 2) sei nicht zu vermeiden gewesen. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Gutachtens die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß der Kläger hinreichend über die Operationsrisiken aufgeklärt worden sei. Bei der Durchtrennung des Hauptgallenganges durch den Beklagten zu 2) handele es sich um einen entschuldbaren Fehler.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung und beantragt,
1. an ihn
a) 10.303,83 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit;
b) ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem in der Zeit vom 11.06. bis zum 01.07.1996 erfolgten Krankenhausaufenthalt des Klägers im Bereich der Beklagten zu 1) resultieren.
Die Beklagten beantragen,
1. die gegnerische Berufung zurückzuweisen;
2. in den der Revision unterliegenden Sachen zu ihren Gunsten
a) als Gläubiger es bei der Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung gemäß §§ 711 Satz 2, 710 ZPO zu belassen;
b) als Schuldner die Schutzanordnungen aus § 712 ZPO zu treffen;
hilfsweise in beiden Fällen ihnen zu gestatten, eine Sicherheitsleistung nach § 711 ZPO auch durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Parteien wiederholen, vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. eingeholt (Blatt 329 bis 335 der Akten). Weiter hat der Senat den Kläger und die Beklagten zu 2) bis 4) angehört, die Ehefrau des Klägers uneidlich als Zeugin vernommen sowie die Sachverständigen Prof. Dr. und Prof. Dr. ihre schriftlichen Gutachten erläutern lassen. Insoweit wird auf die Vermerke des Berichterstatters zum Senatstermin vom 13.09.1999 (Blatt 275 bis 282 der Akten) und vom 15. März 2000 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1) und 2) war erfolgreich, die gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) einen Anspruch auf Ersatz der materiellen und imma...