Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 13.10.2010; Aktenzeichen 42 O 35/10)

 

Tenor

Das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen vom 13. Oktober 2010 wird abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten wegen der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 755,80 € freizustellen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A.

Die Klägerin verkauft auf der Internetplattform F gewerblich u.a. Schallplatten. Sie geht gegen den Beklagten vor, weil dieser jedenfalls in der Zeit bis Mai 2010 auf der Auktionsplattform F unter der Bezeichnung "O" Kaufangebote eingestellt hat, ohne beispielsweise Informationen über die Anbieterkennzeichnung und das Widerrufsrecht der Käufer zu erteilen. Er hat sich bei als privater Verkäufer bezeichnet. Der Beklagte hat über unstreitig im Zeitraum vom 11.02.2010 bis 23.03.2010 insgesamt 552 Artikel (überwiegend Schellackplatten) zum Verkauf angeboten, wovon 175 erfolgreich veräußert wurden. Dabei erzielte der Beklagte einen Umsatz von 693,66 €. Seit dem 07.05.2010 verkauft der Beklagte keine weiteren Artikel mehr über. Für die Zeit von August 2007 bis Mai 2010 erhielt er insgesamt 855 Bewertungen.

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 12.04.2010 (GA 67) wegen Verletzung von Verbraucherschutzbestimmungen ab und verlangte Kostenersatz in Höhe von 755,80 €. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.04.2010 (GA 74) wies der Beklagte den Vorwurf gewerblichen Handelns zurück, gab aber eine modifizierte Unterlassungserklärung ab. Die Abmahnkosten wurden nicht übernommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe als gewerblicher Verkäufer gehandelt. Der Beklagte habe gegen diverse Verbraucherschutzbestimmungen verletzt und damit gegen §§ 3, 4 Ziffer 11 UWG verstoßen. Daher müsse er die Kosten der Abmahnung nach § 12 UWG tragen.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe eines von 755,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2010 zu zahlen,

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten wegen der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von verbleibenden 755,80 € freizustellen,

2.

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die durch den Testkauf entstandenen Kosten in Höhe von 12,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen (GA 8, wohl irrtümlich nicht im Tatbestand des Urteils des LG aufgenommen).

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, nicht gewerblich tätig geworden zu sein. Er habe lediglich seine gesamte private über lange Jahre zusammengetragene Plattensammlung über die Verkaufsplattform F verkauft. Es werde bestritten, dass der Kläger die Anwaltskosten beglichen habe.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten nach § 12 UWG zu. Die Klägerin sei für die anspruchsbegründende Tatsache der Unternehmereigenschaft des Beklagten beweisfällig geblieben. Die von der Klägerin angeführten Umstände würden weder eine Vermutung noch einen Anscheinsbeweis für ein unternehmerisches Handeln des Beklagten erbringen. Die getätigten Einzelverkäufe, die nach dem Vortrag des Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner privaten Plattensammlung stünden, würden sich unter diesen Voraussetzungen nicht als gewerbliche, also planmäßige und dauerhafte Tätigkeit darstellen. Auch der Umsatz in Höhe von 693,66 € spreche nicht für eine gewerbliche Tätigkeit. Dass gleichartige Sachen verkauft worden seien oder auch ein Sammelsurium anderer Gegenstände spreche ebenfalls nicht für ein gewerbliches Handeln. Letztere könnten ebenso nutzlos gewordene Haushaltsgegenstände aus dem Privatvermögen gewesen sein.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie alle erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt.

Der Beklagte sei als Mitbewerber in Bezug auf den Verkauf von Schallplatten zu behandeln. Er sei bei F zwar als Privatverkäufer angemeldet, sei aber als Unternehmer einzustufen gewesen. Das ergebe sich aus den erstinstanzlichen vorgetragenen Umständen.

Der Beklagte habe über einen beträchtlichen Zeitraum eine Vielzahl von Artikeln vornehmlich im Segment Schallplatten zum Kauf angeboten. In der Zeit vom 11.02. bis 23.03.2010 habe er wenigstens 552 Artikel angeboten und davon 175 Artikel (ausschließlich Schallplatten) verkauft. Am 23.03.2010 seien noch 184 Artikel aktiv gewesen. Von August 2007 bis zum 07.05.2010 habe er 855 Verkaufsbewertungen erhalten. Das bedeute einen Durchschnitt von 26 Bewertungen monatlich.

Für die Planmäßigkeit des Vorgehens des Beklagten sprächen auch die Art und W...

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