Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung: Umknicken beim Fußballspiel als Unfall

 

Leitsatz (amtlich)

Der Unfallversicherte muss den vollen Beweis (§ 286 ZPO) dafür erbringen, dass ein Ereignis plötzlich von außen auf seinen Körper eingewirkt hat (§ 1 Abs. 3 AUB 94 = 88). Eine solche Einwirkung liegt vor, wenn der Versicherte beim Fußballspiel wegen einer Bodenunebenheit umknickt. Zum Beweis kann es genügen, dass die Verletzung beim Spiel auf einem Bolzplatz mit vielen Unebenheiten geschah und nach sachverständiger Beratung keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Versicherte aufgrund einer inneren Ursache, also ohne Bodenunebenheit umknickte.

 

Normenkette

AUB 94 § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 25.10.2006; Aktenzeichen 1 O 83/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.10.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Essen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.375,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.5.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Unfallversicherung, der die AUB 88 zugrunde liegen, auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung nach einem 1/5 Beinwert aufgrund eines behaupteten Unfalls vom 16.6.2002 in Anspruch. Zu diesem Zeitpunkt betrug die vereinbarte Invaliditätsgrundsumme unstreitig 59.822 EUR.

Am 17.6.2002 wurde der Kläger durch den Chirurgen Dr. K untersucht; am 25.6.2002 stellte Dr. N nach Durchführung einer Szintigraphie einen Fusswurzelausriss am Knochen unter dem linken Fuß fest. Er verordnete Gips für 3 Wochen.

Am 1.7.2002 wurde der Kläger aufgrund einer eingetretenen Thrombose in das St. E-Krankenhaus eingeliefert, wo er sich bis zum 9.7.2002 befand. Ein erneuter Krankenhausaufenthalt aufgrund einer Nierenbeckenblutung bei Marcumarbehandlung fand in der Zeit vom 25.7.-29.7.2002 statt.

Der Kläger meldete der Beklagten den Unfall mit Schadensanzeige vom 16.9.2002 (Bl. 56 d.A.). Darin gab er u.a. an: Beim Ball spielen mit 5-j. Sohn mit linkem Fuß umgeknickt.

Mit Schreiben vom 4.12.2002 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankenhaustagegeld/Genesungsgeld ab, da kein Unfall vorliege und wies auf die Fristen des § 7 I 1 AUB hin.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 7.4.2003 Einwendungen (Bl. 32 d.A.) und fügte das Attest von Dr. K vom 25.3.2003 bei (Bl. 17 d.A.). Ein weiterer Schriftverkehr fand am 5.9.2003 Statt (Bl. 33/18 d.A.).

Auf Veranlassung der Beklagten bescheinigte Dr. K im ärztlichen Erstbericht vom 6.5.2003 (Bl. 221 d.A.) unfallbedingte Dauerfolgen aufgrund eines postthrombotischen Syndroms.

Im Auftrag der V-Versicherung, bei der der Kläger eine weitere Unfallversicherung unterhält, fertigte Dr. L (St. E-Krankenhaus) am 8.7.2004 ein Gutachten an (Bl. 20 ff. d.A.). Darin wird eine voraussichtliche dauernde Invalidität aufgrund eines Freizeitsportunfalls vom 16.6.2002 nach 1/5 Beinwert bescheinigt. Die V-Versicherung hat hiernach entschädigt.

Mit Schreiben vom 22.11.2004 lehnte die Beklagte die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung mit der Begründung ab, es habe keine Invaliditätsanzeige gegeben (Bl. 30 d.A.). Im August 2003 und Dezember 2003 hatte sie dem Kläger aber Krankenhaustagegeld gezahlt.

Der Kläger hat behauptet, beim Fußballspiel am 16.6.2002 mit anderen Vätern und Kindern auf einer Bodenunebenheit umgeknickt zu sein. Dies habe zunächst zu einem Fusswurzelausriss und darauf beruhend zu einer Thrombose geführt. Dadurch sei eine dauerhafte Schädigung des Beines, die mit 1/5 Beinwert anzusetzen sei, eingetreten. Bei einer Invaliditätsgrundsumme von 59.822 EUR betrage der Anspruch 8.375,08 EUR. Die Invalidität sei durch einen bedingungsgemäß versicherten Unfall nach § 1 Abs. 3 AUB, hilfsweise aufgrund erhöhter Kraftanstrengung nach § 1 Abs. 4 AUB verursacht worden.

Die Beklagte hat ihre Eintrittspflicht in Abrede gestellt: Es liege kein bedingungsgemäßer Unfall vor. Sie hat das vom Kläger geschilderte Ereignis bestritten. Sie sei wegen Obliegenheitsverletzungen des Klägers (Vorerkrankungen in der Schadensanzeige verschwiegen) leistungsfrei. Der Kläger habe Invaliditätsansprüche nicht fristgerecht geltend gemacht. Die Invalidität sei weder binnen Jahresfrist eingetreten noch fristgerecht ärztlich festgestellt worden. Auch handele es sich nicht um eine dauernde Invalidität. Schließlich sei der Unfall nicht kausal gewesen. Jedenfalls hätten degenerative Ursachen mitgewirkt, so dass ein evtl. Anspruch zu mindern sei.

Das LG hat das Gutachten des Sachverständigen Dr. V vom 19.6.2006 eingeholt (Bl. 224 ff. d.A.) und den Zeugen M zu den Ereignissen vom 16.6.2002 vernommen (Bl. 272 d.A.).

Es hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass er durch einen Unfall nach § 1 Abs. 3 AUB geschädigt worden sei. Bei einem Umknicken sei das zwar grds. denkbar. Der Zeuge M habe ein Umknicken nicht bestätigt. Eine erhöhte Kraft...

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