Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 4 O 1/17) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.09.2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn teilweise abgeändert.
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 400,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2017 zu zahlen sowie den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 Euro seiner Prozessbevollmächtigten O Rechtsanwälte PartG mbB, Nweg 0, 00000 M freizustellen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 94 %, das beklagte Land zu 6 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000,00 EUR für erlittene Haft (§ 230 Abs. 2 StPO) vom 20.11.2015 bis zum 23.12.2015 in Anspruch. Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen einschließlich der erstinstanzlichen Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zu. Zwar hätten die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO nicht vorgelegen, da der Kläger nicht ordnungsgemäß zu dem Hauptverhandlungstermin vom 28.07.2015 vor dem Amtsgericht geladen worden sei. Der zuständige Richter habe jedoch nicht schuldhaft gehandelt, da die Anordnung des Haftbefehls noch vertretbar gewesen sei. Der Richter habe den Kläger in einem Telefonat über den anstehenden Termin informiert und darauf hingewiesen, dass im Falle des Nichterscheinens Haftbefehl erlassen werden könne. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Richter bei Erlass des Haftbefehls Kenntnis davon hatte, dass die Voraussetzungen des § 230 Abs. 2 StPO nicht vorgelegen hätten. Jedenfalls aber sei ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung und dem Schaden des Klägers nicht gegeben, da der Haftbefehl auch auf den Haftgrund der Fluchtgefahr aus § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO hätte gestützt werden können.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Er macht geltend, der Erlass des Haftbefehls sei nicht vertretbar gewesen. Es gehöre zu den grundlegenden Amtspflichten des Richters, vor Erlass des Haftbefehls die ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten zu prüfen. Da sich aus der Strafakte ergeben habe, dass die Ladung nicht zugestellt worden sei, hätte der Richter weder die ordnungsgemäße Ladung zu dem Termin feststellen noch den Haftbefehl erlassen dürfen. Die mündliche Mitteilung des Termins sei auf keinen Fall ausreichend gewesen. Aufgrund des Fehlens der schriftlichen Ladung habe er annehmen dürfen, der angekündigte Verhandlungstermin sei verlegt worden oder finde aus anderen Gründen nicht statt. Das Landgericht sei außerdem rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Haftbefehl jedenfalls wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt gewesen sei und habe deshalb rechtsfehlerhaft den Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden verneint.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2016 zu zahlen;
das beklagte Land zu verurteilen, ihn von den entstandenen, anrechnungsfreien vorprozessualen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten O Rechtsanwälte PartG mbB, M, in Höhe von 650,34 EUR freizustellen;
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.
Der Senat hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom 15.08.2018 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Paderborn, Az.: 38 JS 86/15, verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Der Kläger hat gegen das beklagte Land wegen erlittener Haft in dem Zeitraum vom 20.11.2015 bis zum 30.11.2015 einen Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 400,00 EUR aus §§ 839, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
a) Die Haft beruht auf einer Amtspflichtverletzung des mit der Bea...