Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 11.11.1999; Aktenzeichen 15 O 333/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. November 1999 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Rechtsschutzversicherung – vereinbart sind die ARB 75 – auf Gewährung von Deckungsschutz für eine beabsichtigte Haftpflichtklage ihrer Mutter H. R. gegen die Erbin des Notars B. in L. in Anspruch.

Sie macht geltend, der Notar habe bei der Beurkundung eines Erbvertrages ihrer Eltern H. und W. R. vom 06.11.1979 seine notarielle Belehrungs- und Betreuungspflicht entsprechend § 17 BeurkG verletzt. Er habe seinerzeit gewußt, daß die Eheleute R. vor einer Trennung standen. Gleichwohl habe er im Erbvertrag nicht für Klarstellung gesorgt, daß – wie die Klägerin behauptet – die Vertragsparteien die erbvertragliche Regelung auch für den Fall einer Scheidung ihrer Ehe aufrechterhalten wollten.

Die Ehe der Eheleute R. wurde im Jahre 1981 rechtskräftig geschieden. Mitte der 80er Jahre heiratete W. R. erneut und setzte durch Testament vom 10.01.1986 seine zweite Ehefrau zur Alleinerbin ein. Am 01.12.1998 ist er verstorben.

Im Rechtsstreit 16 O 100/99 LG Münster hat die Mutter der Klägerin vergeblich die Feststellung ihrer Alleinerbenstellung nach dem Tode des W. R. begehrt. Die gegen dessen zweite Ehefrau gerichtete Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden.

Die Beklagte verweigert Versicherungsschutz. Sie hält die Mutter der Klägerin nicht für mitversichert und beruft sich überdies darauf, daß der Versicherungsfall vorvertraglich eingetreten sei.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die in der Klage als versicherte Person benannte Frau H. R. sei nicht mitversichert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gegen dieses Urteil gerichtete zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht zur Deckung der in dem von der Mutter der Klägerin beabsichtigten Notarhaftungsprozeß anfallenden Kosten verpflichtet.

1.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, daß Versicherungsschutz für die Mutter der Klägerin nach § 27 Abs. 1 S. 4 ARB 75 nicht besteht. Ein innerer sachlicher Bezug zwischen dem Rechtsschutz-Versicherungsfall und der Tätigkeit der Mutter der Klägerin für deren landwirtschaftlichen Betrieb ist nicht gegeben.

Erstmals in der Berufungsinstanz sind jedoch Gesichtspunkte vorgetragen worden, die eine Agentenfehlberatung begründen können, aufgrund derer die Klägerin beanspruchen kann, daß ihre Mutter von der Beklagten wie eine mitversicherte Person behandelt wird. Unstreitig versichert die Beklagte im Rahmen des Landwirtschaftsrechtsschutzes einen Altenteiler kostenfrei mit, wenn dieser im Antragsformular eingetragen worden ist. Mit Schriftsatz vom 28.08.2000 hat die Klägerin die Altenteilerstellung ihrer Mutter substantiiert begründet, was die Beklagte dazu bewogen hat, die Mitversicherung der Frau H. R. als Altenteilerin zu policieren.

2.

Selbst wenn man die Mutter der Klägerin wie eine mitversicherte Person ansähe, könnte dies der Berufung jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Versicherungsfall bereits in unversicherter Zeit eingetreten und deshalb von der Beklagten nicht zu decken ist.

Unstreitig besteht Versicherungsschutz aus dem von der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsvertrag ab 24.05.1993. Deshalb könnte eine Eintrittspflicht der Beklagten allenfalls dann gegeben sein, wenn als Versicherungsfall der Tod des W. R. am 01.12.1998 anzunehmen wäre. Dieser von der Berufung vertretenen Rechtsauffassung vermag der Senat indes nicht beizupflichten.

Nach § 14 Abs. 1 ARB 75 gilt als Versicherungsfall der Eintritt des dem Schadenersatzanspruch zugrundeliegenden Schadenereignisses.

Der in der Rechtsschutzversicherung geführte Streit darüber, ob für die Definition des Begriffs „Schadenereignis” auf die Schadenursache (hier: behauptetes Notarfehlverhalten im November 1979) oder den zeitlich später eingetretenen Schadeneintritt abzustellen ist (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 6. Aufl., § 14 ARB 75 Rdn. 11 ff.; Prölss-Martin, VVG, 26. Aufl., § 14 ARB 75 Rdn. 1 m.w.N.), bedarf im Streitfall einer näheren Erörterung und Klärung nicht.

Stellt man mit der Beklagten (unter Berufung auf OLG Düsseldorf r+s 1990, 88) bei einem notariellen Fehlverhalten im Zusammenhang mit einer Beurkundung stets auf die Schadenursache in Form der notariellen Pflichtverletzung ab, ist die Vorvertraglichkeit des Versicherungsfalls evident.

Sieht man demgegenüber – wozu der Senat neigt – als Versicherungsfall i.S.d. § 14 Abs. 1 ARB 75 erst das äußere Ereignis, das einen Schaden unmittelbar herbeigeführt hat, gilt im Ergebnis nichts anderes. Der Versicherungsfall ist dann nämlich mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Eheleute H. und W. R. am 16.10.1981 eingetreten.

Der hier geltend gemachte Schaden resultiert aus der Vorschrift des § 20...

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