Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 2.4.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Bochum werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelinstanz werden der Beklagten und der Klägerin jeweils zur Hälfte auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)
I. Die zulässig eingelegten Rechtsmittel beider Parteien bleiben in der Sache erfolglos, weil das LG zutreffend eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten festgestellt hat (II.), die auch nach dem Ergebnis der teilweise vom Senat wiederholten Beweisaufnahme für die Verletzung der Klägerin ursächlich geworden ist (III.), das Eigenverschulden der Klägerin vom LG mit einem Drittel fehlerfrei gewichtet (IV.) und das zuerkannte Schmerzensgeld sich mit 3.000 Euro im angemessenen Rahmen hält (V.).
II. Die Feststellung der Verkehrssicherungspflichtverletzung durch das LG ist mit der Argumentation der Berufungsbegründung nicht erfolgreich in Zweifel zu ziehen. Zunächst sind hier an den Umfang der Winterwartungspflicht nicht die für einen Gehweg neben einer Haltebucht (wie in der von der Beklagten herangezogenen Senatsentscheidung, OLG Hamm v. 16.1.1998 - 9 U 159/97, OLGReport Celle 1998, 281), sondern die für eine Bushaltestelle gem. BGH NJW 1993, 2802; OLG Hamm VersR 1983, 377 (BGH v. 1.7.1993 - III ZR 88/92, MDR 1994, 673 = NJW 1993, 2802; OLG Hamm VersR 1983, 377) geltenden Anforderungen zu stellen. Die Haltebucht diente schon generell werktags in der Zeit von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr als (Schulbus-)Haltestelle, wie das aus den Fotos Bl. 46, 43 ersichtliche Parkverbot "auf dem Seitenstreifen" ausweist. Da darüber hinaus für den Unfalltag seitens der Schulleitung erheblich Schulbusverkehr (sechs Busse für eine Sonderveranstaltung) veranlasst war, musste jedenfalls für diesen Zeitraum der Gehweg so geräumt werden, dass ein bei Anwendung gebotener Eigensorgfalt gefahrloses Erreichen und Verlassen der Bustüren möglich war. Der zu räumende, 1,20m breite Streifen hätte mithin jedenfalls an diesem Tag bis an den Bordstein verlegt werden müssen. Das war der Beklagten zumutbar, weil es nur wenig Mehrarbeit erforderte und hier nicht nur der planmäßige städtische Räumdienst zu Verfügung stand, sondern zusätzlich der - ebenfalls im Dienst der Beklagten stehende - Schulhausmeister die Winterwartung vornahm. Zumindest dieser musste durch die Schulleitung - deren Versagen sich die Beklagte als Schulträgerin zurechnen lassen müsste - von dem besonderen Verkehrsbedürfnis am Unfalltag informiert sein.
Darauf, ob der Hausmeister K die beiden Zugänge zum Schulgelände an den Enden der Haltebucht bis zum Fahrbahnrand geräumt hatte - was seiner erstinstanzlichen Aussage Bl. 72 GA entgegen der Berufungsbegründung gerade nicht entnommen werden kann -, kommt es danach nicht an. Dort ist die Klägerin nicht gestürzt, jedoch musste die Beklagte den Zugang zu den Bussen gerade zwischen diesen Punkten unmittelbar längs der Gehwegkante der Haltebucht ermöglichen; so auch BGH MDR 1967, 822. Allenfalls bei heftigen - hier nicht in Rede stehenden - Schneefällen hätte die Beklagte sich zunächst darauf beschränken dürfen, den Gehweg zur Erreichbarkeit jeweils nur einer Bustür zu räumen und die vollständige Räumung auf einen späteren Zeitpunkt mit günstigeren Witterungsverhältnissen zu verschieben; OLG Hamm a.a.O. Darüber hinaus hätten einzelne "Durchgänge" hier auch deshalb nicht gereicht, weil bei gleichzeitiger Anfahrt mehrerer Busse nicht vorhersehbar ist, wo diese mit ihren Türen zum Stehen kommen. Wegen der erforderlichen Abfertigung mehrerer Busse gleichzeitig durfte die Beklagte nicht erwarten, dass die Klägerin, die den vierten Bus steuerte, ihr Fahrzeug mit der Tür auf der Höhe des angeblich freigemachten Zugangs an der Spitze der Haltebucht zum Stehen brachte.
Dass die Klägerin nicht Passagier, sondern Führer des Kraftomnibusses war, nimmt sie aus dem Schutzbereich der Streupflicht für den Schulbusverkehr nicht aus. Ihr Aussteigen zum Zweck der Kontaktaufnahme mit den anderen Busführern stellt eine gewöhnliche Verkehrsteilnahme an der Bushaltestelle dar, die ebenso wie für die erwarteten Schüler durch das Räumen und Abstreuen in ausreichender Breite vor vermeidbaren Gefahren zu sichern war.
III. Die Streupflichtverletzung der Beklagten war ursächlich für den Sturz der Klägerin, denn diese ist in dem pflichtwidrig nicht gestreuten Bereich des Gehwegs zu Fall gekommen. Wenn die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist; sofern nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; BGH NJW 1983, 2242; (BGH v. 3.3.1983 - III ZR 34/82, MDR 1983, 827 ...