Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunft über Endvermögen nach türkischem Recht
Leitsatz (redaktionell)
Nach der zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Neufassung des türkischen Zivilgesetzbuches, durch die als gesetzlicher Güterstand die sog. Errungenschaftsbeteiligung eingeführt worden ist, besteht ein Anspruch auf Auskunftserteilung über das Gesamtvermögen bei Eheende.
Normenkette
Türk. ZBG § Art. 202 ff.
Verfahrensgang
AG Dortmund (Urteil vom 02.08.2005; Aktenzeichen 171a F 475/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.8.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Dortmund abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über sein Endvermögen zum 29.2.2004 durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen Auskunft zu erteilen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Wegen der Stufen 2 und 3 der Stufenklage wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das AG - FamG - Dortmund zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien schlossen am 30.5.1984 die Ehe miteinander; damals besaßen beide die türkische Staatsbürgerschaft. 1996 erlangten die Ehegatten die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Ehe der Parteien wurde aufgrund eines am 29.2.2004 zugestellten Scheidungsantrages durch Urteil des AG Dortmund vom 21.9.2004 rechtskräftig geschieden.
Die Parteien sind jeweils zur Hälfte Miteigentümer eines Einfamilienhauses; außerdem hatten sie zum Stichtag weitere Vermögenswerte. Vorprozessual gab der Beklagte sein Endvermögen (ohne die Immobilie) mit 46.512 EUR an.
Die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Stufenklage einen Zugewinnausgleichsanspruch geltend gemacht mit der Behauptung, der Beklagte habe seine in der Türkei angelegten Vermögenswerte nicht angegeben; in einem zuvor durchgeführten Kindesunterhaltsverfahren seien diese Werte jedoch berücksichtigt worden, ohne dass dagegen vom Beklagten Einwendungen erhoben worden seien.
Widerklagend hat der Beklagte zunächst ebenfalls einen Auskunftsanspruch geltend gemacht; die Widerklage ist im Termin vor dem AG zurückgenommen worden.
Das AG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, auf das Güterrecht der Ehe der Parteien sei das türkische Recht in der Fassung bis zum 1.1.2002 anzuwenden, das einen Zugewinnausgleich nicht vorgesehen habe.
Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel weiter. Sie verweist darauf, dass in der Türkei seit dem 1.1.2002 der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gelte, und zwar - sofern nichts anderes vereinbart sei - gem. Art. 10 des Einführungsgesetzes auch für Eheleute, die zum Jahreswechsel 2001/2002 bereits miteinander verheiratet gewesen seien. Zwar kenne das türkische Eherecht keinen Auskunftsanspruch, doch beruhe dies auf den Besonderheiten des türkischen Prozessrechts. Hilfsweise verweise sie auf ihren Anspruch zur Inventarerrichtung gem. Art. 216 Abs. 1 tZGB.
Die Klägerin beantragt,
I. den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen,
1. der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen zum 29.2.2004 durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen;
2. ggf.: an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen und Gewissen sein Endvermögen so vollständig wie möglich angegeben hat,
3. an die Klägerin Zugewinnausgleich nach Erfüllung des Klageantrages zu 1) in noch zu beziffernder Höhe zu zahlen,
II. den Rechtsstreit wegen der Stufen 2 und 3 der Stufenklage, falls dieser im Auskunftsanspruch stattgegeben werde, an das AG - FamG - Dortmund zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nach allgemeinen Grund-sätzen zu bejahen (§ 621 Abs. 2 S. 2 ZPO); beide Ehegatten leben in Deutschland und besitzen (zumindest auch) die deutsche Staatsbürgerschaft.
2. Der geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch ist gem. Art. 14, 15 EGBGB nach dem türkischen Recht zu beurteilen, denn bei der Eheschließung besaßen beide Ehegatten (nur) die türkische Staatsangehörigkeit, so dass die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe ungeachtet des zwischenzeitlichen Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit dem türkischen Recht unterliegen; von der Möglichkeit einer besonderen güterrechtlichen Rechtswahl haben die Ehegatten hier keinen Gebrauch gemacht (vgl. Palandt/Heldrich, Kommentar zum BGB, 64. Aufl., Art. 15 EGBGB Rz. 3, m.w.N.).
3. Der mit der ersten Stufe der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch ist zu bejahen.
a) Insbesondere scheitert dieser Anspruch nicht schon daran, dass im türkischen Scheidungsfolgenrecht - wie das AG meint - kein Zugewinnausgleichsanspruch vorgesehen ist. Denn mit der z...