Leitsatz (amtlich)
1. Die tatsächliche Duldung der Nutzung eines Privatgrundstücks durch Unbefugte kann zu Sicherungspflichten der Eigentümer gegenüber diesen Benutzern führen.
2. Wird ein Privatgrundstück (hier: Garagenvorplatz) mit Duldung der Eigentümer von Passanten aus Bequemlichkeit zur Abkürzung begangen, besteht bei Schneeglätte in der Regel keine Räum- und Streupflicht nach den Grundsätzen, wie sie etwa für dem allgemeinen Fußgängerverkehr gewidmete Gehwege gelten.
Eine solche Pflicht wird auch nicht dadurch begründet, dass die benachbarten öffentlichen Verkehrsflächen ebenfalls nicht von Eis und Schnee geräumt sind.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1-2; StGB § 229
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 12.10.2012; Aktenzeichen 9 O 319/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.10.2012 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden nach einem Sturz auf Schnee und Eis am 1.12.2010 geltend, der auf dem zur Wohnungseigentumsanlage der Beklagten gehörenden Garagenvorplatz in J-M stattgefunden haben soll.
Dieser Garagenvorplatz stellt die Zufahrt zu mehreren zur Wohnungseigentumsanlage gehörenden Garagen dar und schließt sich unmittelbar an eine kleine öffentliche Straße an, die dort in einer Kurve verläuft und den Garagenvorplatz teilweise umschließt. Die Abgrenzung zwischen dem Garagenvorplatz und der öffentlichen Straße bildet lediglich eine breite Regenrinne, die zu einem Wasserablauf führt. Der Garagenvorplatz wird regelmäßig von Fußgängern, die weder etwas mit der Beklagten noch mit den dort befindlichen Garagen zu tun haben, als Abkürzung benutzt.
Am Unfalltag, dem 1.12.2010, war weder der Gehweg, der sich auf der dem Garagenvorplatz gegenüber liegenden T-Straße befindet, noch die Straße noch der Garagenvorplatz von Schnee und Eis geräumt. Der Unfallhergang selbst ist streitig. Der Kläger wurde mit Rettungstransportwagen ins Krankenhaus gebracht, dort operiert und musste für etwa zwei Wochen dort verbleiben.
Der Kläger behauptet, er sei beim Betreten des Garagenvorplatzes aufgrund der dort vorhandenen Glätte zu Fall gekommen und habe sich hierbei eine Tibiaschaftspiralfraktur links sowie eine Fraktur Weber A/B am linken Außenknöchel zugezogen. Er behauptet weiter, er sei aufgrund der erlittenen Verletzungen mindestens zehn Monate arbeitsunfähig gewesen. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte sei auf dem Garagenvorplatz räum- und streupflichtig gewesen, da sie öffentlichen Verkehr darauf geduldet habe. Er macht ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 10.000,- Euro sowie Ersatz eines Haushaltsführungsschadens i.H.v. 2.000,- Euro sowie Schadensersatz für vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 461,60 EUR geltend und begehrt weiter die Feststellung, dass die Beklagte hinsichtlich seiner weiteren materiellen und immateriellen Schäden ersatzpflichtig sei.
Die Beklagte hat das Unfallereignis mit Nichtwissen bestritten, insbesondere, dass der Kläger auf ihrem Grundstück gestürzt sei. Sie ist der Auffassung, sie treffe keine Räum- und Streupflicht auf dem Garagenvorplatz.
Das LG hat den Kläger persönlich angehört und zwei Zeugen vernommen, die jedoch den Sturz des Klägers nicht selbst beobachtet hatten. Der Zeuge E, der den Unfallhergang selbst gesehen haben soll, ist, ohne vom LG vernommen worden zu sein, verstorben. Mit Verfügung vom 19.9.2012 hat das LG den Parteien das Versterben des Zeugen mitgeteilt und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Den bereits anberaumten Verkündungstermin hat es aus diesem Grunde um eine Woche verlegt. Eine Stellungnahme des Klägers ist innerhalb dieser Frist nicht erfolgt.
Daraufhin hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht beweisen können, dass sich der Sturz auf dem Grundstück der Beklagten und nicht etwa auf der Straße ereignet habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgt. Er macht geltend, die Entscheidung des LG verletze sein rechtliches Gehör. Er habe unmittelbar nach Erhalt der Nachricht vom Tod des Zeugen E2 am 27.9.2012 weiter gehende Nachforschungen angestellt und über die Feuerwehr die Namen der Rettungssanitäter erfahren, die ihn ins Krankenhaus gebracht hätten. Erst durch die Kontaktaufnahme zur Feuerwehr habe er auch von zwei weiteren Zeugen erfahren, die das Unfallgeschehen persönlich gesehen hätten. Die vom LG gesetzte Frist von zwei Wochen sei zu kurz bemessen gewesen, um die Zeugen ausfindig zu machen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des am 12.10.2012 verkündeten Urteils des LG Hagen zum Aktenzeichen 9 O 319/11 die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.4.2011 zu za...