Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug alsbald unrepariert verkauft hat, darf nur dann fiktiv auf Reparaturkostenbasis abrechnen, wenn dabei der Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) nicht überschritten wird.
2. Bestreitet der Beklagte das Nichtüberschreiten des Wiederbeschaffungsaufwandes - insbesondere den anzunehmenden Restwert, der im Schadensgutachten nicht ausgewiesen war - obliegt es dem Kläger den Wiederbeschaffungsaufwand - und insbesondere den zu erzielenden Restwert - konkret und nachvollziehbar darlegen und zu beweisen.
3. Fehlt es an einer Darlegung des für die Bestimmung des Wiederbeschaffungsaufwandes als Obergrenze jeglichen Anspruchs bedeutsamen Restwerts, ist damit der Fahrzeugschaden insgesamt bereits nicht hinreichend dargetan und damit die Klage unschlüssig.
Normenkette
BGB § 249; StVG § 7
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 5/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) wird das am 23.07.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derer der Nebenintervention trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. 1.Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 441 ff. GA) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klägerin und die Beklagten zu 1) und 2) persönlich angehört (vgl. Bl. 82 ff., 125, 218 ff., 329 ff. und 382 ff. GA) sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T (vgl. Bl. 125 ff., 220 ff. und 385 ff. GA), Verwertung der schriftlichen Angaben der Zeugin F (vgl. Bl. 282 ff. und auch 352 f. GA) und Einholung von Sachverständigengutachten zu Schadenshergang/Schadenskompatibilität (vgl. die schriftlichen Gutachten des SV T2 vom 04.04.2016 und 31.05.2016 - jeweils lose bei den GA - sowie die ergänzenden mündlichen Ausführungen dieses SV, Bl. 217, 221 f. GA) und zu Vorschäden/deren Reparatur/Wiederbeschaffungswert (vgl. die jeweils lose bei den Akten befindlichen Gutachten des SV C, nämlich das Ursprungsgutachten vom 27.04.2017 und das Ergänzungsgutachten vom 03.08.2017, die mdl. Erläuterungen Bl. 332 ff. GA und das weitere Ergänzungsgutachten v. 26.04.2018, wobei das Ursprungsgutachten sich aufgrund etwas unglücklicher Formulierung des Beweisbeschlusses, Bl. 239 GA, nicht zur Reparatur des Vorschadens aus 6/2014, sondern zur Reparatur des streitgegenständlichen Schadens verhält).Das Landgericht hat sodann mit dem angefochtenen Urteil - unter Abweisung der weitergehenden Klage - die Beklagten zu 2) und 3) gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 12.063,26 EUR nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 20.02.2015 verurteilt. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - ausgeführt:
Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage sei insgesamt unbegründet, da sie nach dem Ergebnis ihrer Anhörung nicht Halterin des Beklagtenfahrzeugs gewesen und die daraufhin erfolgte Rücknahme der gegen sie gerichteten Klage mangels Zustimmung der Beklagten nicht wirksam sei.
Gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) sei die Klage dagegen im ausgeurteilten Umfang gem. §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB begründet.- Nach dem Ergebnis der Parteianhörung und Beweisaufnahme sei das Gericht von der Richtigkeit der klägerischen Unfalldarstellung überzeugt und sehe mangels zu- reichender Indizien auch keinen Anlass für die Annahme einer Unfallmanipulation, so dass dem Grunde nach die Beklagten zu 2) und 3) zu 100 % ersatzpflichtig sei- en.- Die Einwände der Beklagten zur Höhe des ersatzfähigen Schadens seien nur zu geringem Teil begründet. - So sei die Mehrwertsteuer auf die fiktiv abgerechneten, im Schadensgutachten ausgewiesenen Netto-Reparaturkosten von 9.965,36 EUR mangels durchgeführter Reparatur ungeachtet der erfolgten Ersatzbeschaffung mit dabei angefallener Umsatzsteuer in der Tat nicht ersatzfähig. - Ansonsten seien bzgl. der geltend gemachten Netto-Reparaturkosten indes keine Abzüge vorzunehmen, da weder das Bereicherungsverbot noch eine Beschränkung der Kostenerstattung durch den Wiederbeschaffungsaufwand als Kappungsgrenze eingreife. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liege selbst bei Zugrundelegung eines vom Sachverständigen C zuletzt als Untergrenze genannten Wiederbeschaffungswertes von nur 43.000,- EUR - entsprechend dem vom Kläger vorgetragenen Anschaffungspreis - angesichts der Weiterveräußerung des unreparierten Fahrzeugs für 29.000,- EUR kein Verstoß gegen das Bereicherungsverbot vor und werde mit den zugesprochenen Nettoreparaturkosten von 9.965,36 EUR bei einem Restwert von 29.000,- EUR der Wiederbeschaffungsaufwand weder erreicht noch gar überschritten. Auch im Hinblick auf Vorschäden und deren Reparatur seien keine Kürzungen gerechtfertigt. Ein relevanter Frontschaden habe nach dem Ergebnis der Begutachtung nicht vorgelege...