Leitsatz (amtlich)
›Eine Ausschlußklausel in der Restschuldversicherung verstößt auch dann gegen § 34 a VVG, wenn sie nur die Folgen von dem Versicherten bekannten Gesundheitsstörungen ausschließt‹.
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 498/96) |
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Restschuldversicherung nach dem Tode ihres Ehemannes in Anspruch.
Am 28.07.1995 wurde bei der ein Kreditvertrag über eine Summe von insgesamt knapp 65.000,00 DM abgeschlossen. Dabei betrug der Nettokredit 39.013,17 DM. Auf die Restschuldversicherung entfiel eine Versicherungsprämie in Höhe von 9.196,20 DM. Gem. § 6 der AVB erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf vorvertragliche Gesundheitsstörungen der jeweils versicherten Person, die dieser bekannt sind und die sie auch in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes hatte, wenn der Versicherungsfall in den nächsten 24 Monaten seit Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten ist und mit diesen Gesundheitsstörungen in ursächlichem Zusammenhang steht.
Der Ehemann der Klägerin verstarb am 08.02.1996. Der Ehemann litt zur Zeit des Abschlusses des Kreditvertrages und der Restschuldversicherung u.a. an Herzerkrankungen, die auch ursächlich für den Tod waren. Der Sachverständige hat als Todesursache ein Linksherzversagen festgestellt. Allerdings ging dem ein Behandlungsfehler voraus. Eine Magensonde war versehentlich in die Lunge gelangt und führte dort nach Medikamenteneingabe zur einem Kollaps des Lungenflügels.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 7.163,00 DM stattgegeben, da die Beklagte die bedingungsgemäße Rückvergütung der Einmalprämie zahlen müsse. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da die Ausschlußklausel wirksam sei und der Verstorbene seine Herzerkrankungen kannte.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin behauptet, die Herzerkrankung sei ihrem Ehemann nicht bekannt gewesen. Im übrigen sei allein der grobe Behandlungsfehler im Krankenhaus kausal für den Tod gewesen.
Die Berufung ist begründet.
Da der Versicherungsfall eingetreten ist, ist die Beklagte verpflichtet, an die einen Betrag von insgesamt 57.727,90 DM zu zahlen.
Die Beklagte kann sich auf die Ausschlußklausel gem. § 34 a VVG nicht berufen, da diese Klausel zu ungunsten des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung der §§ 16 f. VVG abweicht.
1.
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 14.12.1994 (20 U 144/94 - VersR 95, 649) die Ausschlußklausel, die für sämtliche, also auch dem versicherten unbekannte Gesundheitsstörungen galt, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung für die dem Versicherten bekannten Gesundheitsstörungen aufrechterhalten. Daran hält der Senat nicht mehr fest.
Auch bei dem Ausschluß bekannter Gesundheitsstörungen wird der Zweck der Risikoprüfung zu ungunsten des Versicherten verfehlt. Sinn und Zweck des § 16 VVG ist es u.a., daß bei Vertragsschluß geklärt wird, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der wahrheitsgemäß antwortende Versicherungsnehmer Versicherungsschutz erhält. Der Versicherer ist gehalten, entsprechend seinen Risikoprüfungsgrundsätzen das ihm angetragene Risiko zu überprüfen und dann den Antrag entweder anzunehmen, abzulehnen oder aber mit Risikozuschlag oder teilweisem Ausschluß Versicherungsschutz zu bieten. Dies wird durch die Ausschlußklausel schon vom Ansatz her nicht gewährleistet. Der Versicherungsschutz bleibt zunächst in der Schwebe. Statt Risikoprüfung nimmt der Versicherer einen Risikoausschluß vor. Das ist nicht interessengerecht. Tritt beispielsweise der Versicherungsfall aufgrund einer dem Versicherungsnehmer bekannten Gesundheitsstörung ein, die der Versicherer bei entsprechender Risikoprüfung für unerheblich gehalten hätte, dann hätte der Versicherte bei Gültigkeit der Klausel gleichwohl keinen Versicherungsschutz, den er nach der Verfahrensweise der §§ 16 f. VVG erhalten hätte. Auch der entgegengesetzte Fall benachteiligt den Versicherungsnehmer. Leidet der Versicherungsnehmer an einer erheblichen Gesundheitsstörung, die nach § 16 VVG zur Ablehnung des Versicherungsschutzes geführt hätte, dann hätte dieser Umstand den Versicherungsnehmer möglicherweise dazu bewegt, keine ungesicherte Darlehensverpflichtung einzugehen. Die Vertragsgestaltung der Beklagten gibt dem Versicherungsnehmer keine Möglichkeit, seinen Versicherungsschutz und das Risiko der damit einhergehenden Kreditaufnahme verläßlich beurteilen zu können.
2.
Die Beklagte kann sich nach alledem gem. § 34 a VVG nicht auf die Klausel berufen. Es gelten daher die 16 f. VVG. Da die Beklagte es aber unterlassen hat, eine Risikoprüfung vorzunehmen, kann sie auch nicht vom Vertrag zurücktreten und leistungsfrei werden. Die Beklagte bleibt daher zur Leistung verpflichtet.
3.
Der Senat läßt die Revision nicht zu. Allein der Umstand, daß der Senat seine Rechtsprechungsmeinung geändert hat, ist entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters im Senatstermin noch kein Zulassungsgrund. Auch ein in § 546 ZPO genannter Zulassungsgrund l...