Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 22.02.2007; Aktenzeichen 6 O 112/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 22.2.2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
A. Der Kläger begehrt vollen Ersatz seines zur Höhe unstreitigen Fahrzeugschadens aus einem Verkehrsunfall vom 11.2.2006 gegen 13:50 Uhr auf der L 782 außerorts von S, bei dem er ausgangs einer Rechtskurve mit seinem Pkw Seat nach links von der Fahrbahn abkam, als er dem Kläger auswich, der versucht hatte, mit seinem Fahrrad vom rechten Straßenrand aus die Fahrbahn zu queren und nach Wahrnehmung des klägerischen Pkw umkehrte. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte sei plötzlich aus der Gruppe unstreitig wartender drei Personen in die Fahrbahn getreten, als er, Kläger, bereits so dicht herangekommen war, dass er eine Kollision mit dem Beklagten nur durch die Ausweichlenkung zum linken Fahrbahnrand habe vermeiden können. Der Beklagte hat behauptet, er habe bei seiner Beobachtung des Fahrbahnverkehrs den Pkw Seat nicht sehen können, weil dieser noch jenseits der Kurve gewesen und mit ggü. den dort erlaubten 70 km/h erheblich überhöhter Geschwindigkeit herangekommen sei. Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen durch Entscheidung nach Aktenlage gem. § 331a ZPO der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es hat einen die einfache Betriebsgefahr des Pkw verdrängenden schuldhaften Verkehrsverstoß des Beklagten darin gesehen, dass dieser entgegen § 25 III StVO die Fahrbahn ohne Beachtung des bevorrechtigten Fahrzeugverkehrs betreten habe. Er hätte angesichts der weit einzusehenden Fahrbahn bei hinreichender Sorgfalt das Fahrzeug des Klägers rechtzeitig sehen können. Der Beweis von die einfache Betriebsgefahr seines Pkw erhöhenden Verkehrsverstößen des Klägers sei dem Beklagten nicht gelungen; insoweit fehlten auch die für den Beweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Sachverständigengutachten nötigen Anknüpfungstatsachen.
Wegen des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Mit der Berufung begehrt der Beklagte Abweisung der Klage.
Er rügt als Verfahrensfehler den Erlass einer Entscheidung nach Aktenlage, obwohl sein Prozessbevollmächtigter zum vorausgegangenen Verhandlungstermin nicht geladen worden sei.
Zur Sache rügt er - unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens - rechtsfehlerhaftes Verkennen der Beweislast durch das LG. Diese treffe gem. § 7 I StVG den Kläger, der nicht bewiesen habe, dass sein Pkw für ihn, Beklagten, bereits sichtbar gewesen sei, als er den Entschluss zur Fahrbahnquerung ausgeführt habe. Das LG habe ferner verkannt, dass die Angaben des Klägers zu seiner Fahrgeschwindigkeit von 65 km/h und dem Abstand von 25-30 m zum vorausfahrenden Pkw (den der Beklagte vor dem Betreten der Fahrbahn noch passieren ließ) nicht miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Zumindest hätte das unter Protest gegen die Beweislast beantragte Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Hierfür seien entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils ausreichende Anknüpfungstatsachen für die notwendige rechnerische Nachprüfung des Klagevortrags allein aus den örtlichen Gegebenheiten (Sichtverhältnisse) zu gewinnen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung, hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest und verteidigt das angefochtene Urteil. Der gerügte Verfahrensfehler sei jedenfalls für eine eigene Entscheidung des Senats in der Sache unerheblich. Dass der Beklagte vor dem Betreten der Fahrbahn seinen, des Klägers, Pkw habe herannahen sehen können, erweise sich schon daraus, dass umgekehrt auch er, der Kläger, die drei Personen zuvor am Fahrbahnrand habe stehen sehen. Die von der Berufung vermisste Einholung des Sachverständigengutachtens zur - nach seiner Ansicht ins Blaue hinein aufgestellten - Behauptung seiner Geschwindigkeitsüberschreitung habe unterbleiben müssen, weil sie mangels Vortrags von Anknüpfungstatsachen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte.
Der Senat hat den Kläger persönlich gehört. Wegen des Inhalts seiner Erklärungen wird auf den Berichterstattervermerk zum Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16.11.2007 verwiesen.
B. Die Berechtigung der Verfahrensrüge, das LG habe mangels Säumnis des Beklagten nicht nach Aktenlage entscheiden dürfen, kann dahinstehen, weil sie jedenfalls die eigene Entscheidung des Senats in der Sache, die beide Parteien begehren, nicht hindert.
Danach ist die Berufung zurückzuweisen, weil das LG bei seiner Entscheidung weder die Beweislast verkannt noch die Einholung eines Sachverständigengutachtens verfahrensfehlerhaft unterlassen ...